Gibt ein Unternehmer seinen Betrieb auf und verkauft er im Rahmen
		der Aufgabe Wirtschaftsgüter seines aufgegebenen Betriebs gegen wiederkehrende
		Bezüge, hat er ein Wahlrecht, ob er den Gewinn aus dem Verkauf sofort
		versteuert oder ob er die wiederkehrenden Bezüge erst bei Zufluss versteuert.
		Für den Unternehmer gilt damit das gleiche Wahlrecht wie bei einer
		Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge.
Hintergrund: Die Aufgabe eines
		Betriebs kann zu einem Aufgabegewinn führen, wenn der gemeine Wert der
		Wirtschaftsgüter, die in das Privatvermögen überführt werden, höher ist als der
		Buchwert der Wirtschaftsgüter und die Kosten der Betriebsaufgabe. Werden
		einzelne Wirtschaftsgüter nicht in das Privatvermögen überführt, sondern
		verkauft, ist auch der Veräußerungsgewinn steuerpflichtig. Wird der Betrieb
		nicht aufgegeben, sondern gegen wiederkehrende Bezüge veräußert, hat der
		Steuerpflichtige ein Wahlrecht, ob er den Gewinn sofort versteuert und dafür
		bestimmte steuerliche Vergünstigungen erhält, wie z.B. einen Freibetrag oder
		eine Steuerermäßigung, oder ob er die wiederkehrenden Bezüge erst im
		Zuflusszeitpunkt versteuert. 
Sachverhalt: Die Klägerin war
		Inhaberin eines Handwerkbetriebs, den sie zum 2.1.2014 aufgab. Einen Großteil
		der Wirtschaftsgüter überführte sie nicht in ihr Privatvermögen, sondern
		verkaufte sie an die A-GmbH gegen Zahlung einer lebenslangen Monatsrente in
		Höhe von 3.000 €. Das Finanzamt setzte bei der Ermittlung des
		Aufgabegewinns den Barwert der Monatsrente in Höhe von ca. 540.000 € an.
		Die Klägerin war hingegen der Auffassung, dass sie eine Zuflussbesteuerung
		beantragen könne, so dass sich für 2014 lediglich Einkünfte in Höhe von ca.
		34.000 € ergaben. 
Entscheidung: Der
		Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt: 
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Die Klägerin hatte ein
Wahlrecht, ob sie die wiederkehrenden Bezüge
sofort versteuert oder erst bei Zufluss. - 
Ein derartiges Wahlrecht zwischen Sofort- und
Zuflussversteuerung besteht bei einer Betriebsveräußerung. Es wird dem
Unternehmer eingeräumt, um sein Risiko abzumildern, dass er die wiederkehrenden
Bezüge auf einen Schlag versteuert, dann aber vorzeitig verstirbt, ohne dass
der frühzeitige Tod vor dem Erreichen der statistischen Altersgrenze zu einer
Minderung des Veräußerungsgewinns führt. - 
Eine vergleichbare Situation besteht für den Unternehmer auch,
wenn er seinen Betrieb aufgibt, im Rahmen der Betriebsaufgabe aber einzelne
Wirtschaftsgüter gegen wiederkehrende Bezüge verkauft. Aufgrund der
vergleichbaren Interessenlage ist dem Unternehmer auch bei einer
Betriebsaufgabe, bei der er Wirtschaftsgüter gegen langfristig wiederkehrende
Bezüge wie etwa Leibrenten veräußert, ebenfalls ein Wahlrecht zwischen Sofort-
und Zuflussbesteuerung einzuräumen. - 
Die Klägerin konnte sich deshalb für die Zuflussversteuerung
entscheiden. Sie musste daher im Streitjahr 2014 zunächst nur den gemeinen Wert
der in das Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter nach Abzug des gesamten
Kapitalkontos und der Aufgabekosten versteuern; tatsächlich ergab sich hieraus
ein Verlust. Die Rentenzahlungen muss sie nur insoweit im Jahr 2014 versteuern,
als die Rentenzahlungen diesen Verlust übersteigen und im Streitjahr 2014
zugeflossen sind. Dies führte zu Einkünften in Höhe von etwa 34.000
€. 
Hinweise: Die Zuflussbesteuerung
		klingt nach dem Urteil zwar vorteilhaft, weil die Einkünfte im Streitjahr 2014
		deutlich niedriger ausfallen. Dafür kommt es in den Folgejahren ab 2015 aber
		auch zu jährlichen Einkünften aufgrund der Rentenzahlungen. Außerdem wird bei
		der Zuflussbesteuerung weder ein Freibetrag noch eine Steuerermäßigung gewährt.
		
Quelle: BFH, Urteil v. 29.6.2022 – X R 6/20; NWB
					