Eine als „stille Beteiligung“ bezeichnete Beteiligung
eines minderjährigen Kindes an der Zahnarztpraxis, die dem Kind im Wege der
Schenkung eingeräumt worden ist, kann unter bestimmten Voraussetzungen als
Innengesellschaft steuerlich anerkannt werden. Die steuerliche Anerkennung hat
zur Folge, dass die an das Kind gezahlten Gewinnanteile Betriebsausgaben des
Vaters sind. Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung ist, dass die
Vereinbarungen zwischen dem Kind und seinem Vater zivilrechtlich wirksam und
fremdüblich sind sowie tatsächlich vollzogen werden.
Hintergrund: An einem
Handelsgewerbe kann man sich als stiller Gesellschafter mit einer Einlage
beteiligen und ist dann in dem vereinbarten Umfang am Gewinn und Verlust
beteiligt. Der an den stillen Gesellschafter gezahlte Gewinnanteil mindert den
Gewinn des Inhabers des Handelsgeschäfts und muss im Gegenzug vom stillen
Gesellschafter versteuert werden.
Sachverhalt: Der Kläger war
selbständiger Zahnarzt. Er räumte seinen drei minderjährigen Kindern im Jahr
2007 jeweils eine „stille Beteiligung“ in Höhe von 50.000 €
im Wege der Schenkung ein; dabei wurden seine Kinder durch einen
Ergänzungspfleger vertreten. Jedes seiner Kinder sollte mit 10 % am Gewinn oder
Verlust beteiligt sein, maximal aber mit 15 % der Einlage, d.h. 7.500 €.
Der Kläger konnte die schenkweise Einräumung der stillen Beteiligung
widerrufen, falls ein Kind ohne Zustimmung des Klägers die stille Beteiligung
übertragen würde. Die stillen Gesellschaften sollten mindestens bis zum
31.12.2017 laufen. Der Kläger zahlte seinen Kindern ab 2008 die Gewinnanteile
für das jeweils vorherige Jahr aus und behandelte diese Auszahlungen in den
Streitjahren 2008 bis 2015 als Betriebsausgaben. Das Finanzamt erkannte die
Betriebsausgaben nicht an.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) hielt einen Betriebsausgabenabzug für möglich, verwies
die Sache jedoch zur weiteren Aufklärung zurück:
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Zwar handelte es sich bei den Beteiligungen nicht um stille
Gesellschaften, da der Kläger als Zahnarzt kein Handelsgewerbe betrieb. Es
waren aber Innengesellschaften bürgerlichen Rechts, für die die gleichen
Grundsätze wie für eine stille Beteiligung gelten. -
Der Betriebsausgabenabzug ist möglich, wenn die Begründung der
Innengesellschaft betrieblich veranlasst war. Bei der Beteiligung naher
Angehöriger kann eine betriebliche Veranlassung nur dann angenommen werden,
wenn die Vereinbarung zivilrechtlich wirksam ist, fremdüblich ist und wie unter
Dritten tatsächlich vollzogen wird. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass
es sich nicht um verdeckte Unterhaltszahlungen handelt. -
Nicht jede geringfügige Abweichung vom Fremdüblichen führt zur
steuerlichen Nichtanerkennung. Vielmehr kommt es auf die Gesamtheit der
objektiven Gegebenheiten an. -
Steuerlich unschädlich ist es, wenn die Beteiligung oder die
Mittel für die Einlage dem nahen Angehörigen geschenkt werden. Auch ist es
nicht zwingend schädlich, dass der Kläger keine zusätzlichen Mittel erhalten
hat; denn es genügt, wenn die Gewinnanteile zur Erfüllung der
Einlageverpflichtung umgebucht werden und zur Verlustverrechnung zur Verfügung
stehen. -
Im Streitfall waren die Schenkungs- und die
Beteiligungsverträge zivilrechtlich wirksam. Die fehlerhafte Bezeichnung als
„stille Gesellschaft“ war ohne Bedeutung. Allerdings muss das
Finanzgericht (FG) noch prüfen, ob die Kinder diejenigen Kontrollrechte hatten,
die üblicherweise einem stillen Gesellschafter zustehen, und ob die vereinbarte
Laufzeit und die Kündigungsmöglichkeit fremdüblich waren. Ferner muss das FG
ermitteln, ob die Widerrufsmöglichkeit des Klägers für den Fall der
Weiterveräußerung der Beteiligung durch ein Kind einem Fremdvergleich
standhält.
Hinweise: Das FG muss auch noch
die tatsächliche Ausführung der Verträge prüfen, z.B. die Pünktlichkeit der
Zahlungen der Gewinnanteile oder die tatsächliche Ausübung der vertraglich
vereinbarten Kontroll- und Informationsrechte sowie die tatsächliche Verwaltung
der Konten der Kinder.
Es lässt sich noch nicht sagen, ob die Klage Erfolg haben wird.
Allerdings deutet der „Prüfkatalog“ des BFH eher darauf hin, dass
die steuerliche Anerkennung der Innengesellschaften scheitern könnte.
BFH, Urteil v. 23.11.2021 – VIII R 17/19; NWB