Die Vorsteuer aus den Baukosten
eines Gebäudes, das sowohl umsatzsteuerpflichtig als auch umsatzsteuerfrei
vermietet wird, kann anhand des sog. objektbezogenen Umsatzschlüssels
aufgeteilt werden, wenn es erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der
umsatzsteuerfrei und umsatzsteuerpflichtig vermieteten Räume gibt. Der
objektbezogene Umsatzschlüssel führt dazu, dass sich die abziehbare Vorsteuer
nach dem Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze am Gesamtumsatz des
Gebäudes richtet. Der Flächenschlüssel ist damit ebenso wenig anwendbar wie der
Gesamtumsatzschlüssel, d.h. die Berücksichtigung aller Umsätze des
Unternehmers.

Hintergrund: Der
Vorsteuerabzug setzt grundsätzlich voraus, dass der Unternehmer
umsatzsteuerpflichtige Umsätze ausführt. Vermietungen an andere Unternehmer
können zum einen umsatzsteuerpflichtig erfolgen, so dass der Vorsteuerabzug
möglich ist, z.B. bei der Vermietung von Gewerbeflächen. Hingegen sind
Vermietungen an Privatmieter umsatzsteuerfrei, so dass ein Vorsteuerabzug nicht
möglich ist. Problematisch ist, wie der Anteil der abziehbaren Vorsteuer zu
ermitteln ist, wenn das Gebäude gemischt genutzt wird, also sowohl
umsatzsteuerfrei als auch umsatzsteuerpflichtig vermietet wird. In Betracht
kommt eine Einzelzuordnung der einzelnen vorsteuerbelasteten Eingangsleistung
zu einem umsatzsteuerpflichtigen bzw. umsatzsteuerfreien Umsatz oder die
Anwendung eines Umsatz- oder Flächenschlüssels.

Streitfall: Die Klägerin
errichtete in den Jahren 2009 bis 2010 einen Gebäudekomplex, den sie zum Teil
umsatzsteuerpflichtig vermietete, nämlich an den Betreiber eines Supermarkts.
Im Übrigen vermietete sie das Gebäude umsatzsteuerfrei an ein
Senioren-Wohnheim. Die beiden Gebäudeteile waren erheblich unterschiedlich
ausgestattet. Die Klägerin teilte die Vorsteuer aus den Baukosten anhand des
Umsatzschlüssels auf und gelangte so zu einem Vorsteuerabzug von 48,27 %; denn
der Anteil der Mieten des Supermarkts machte 48,27 % der Gesamtmieteinnahmen
aus dem Objekt aus. Das Finanzamt hielt hingegen den Flächenschlüssel für
zutreffend und gelangte daher zu einem Vorsteuerabzug von lediglich 33,88
%.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klägerin im Grundsatz Recht, verwies die Sache
aber zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück, das nun noch die
Rechnungen überprüfen muss:

  • Zwar sind Vorsteuern
    grundsätzlich den jeweiligen Ausgangsumsätzen zuzuordnen, so dass ein
    Vorsteuerabzug möglich ist, wenn die Eingangsleistung, aus der die Vorsteuer
    herrührt, für eine umsatzsteuerpflichtige Vermietung verwendet wird. Bei
    Herstellungskosten für ein Gebäude scheidet diese Zuordnung aber aus, weil sie
    zu komplex und daher nur schwer durchführbar ist.

  • In Betracht kommen somit
    entweder der Umsatzschlüssel oder der Flächenschlüssel. Zwar ist grundsätzlich
    der Flächenschlüssel anzuwenden. Dies gilt allerdings nicht, wenn die
    Ausstattung der beiden Gebäudeteile erhebliche Unterschiede aufweist; in diesem
    Fall greift der Umsatzschlüssel, den die Klägerin auch angewendet hat. Das FG
    muss nun noch die Höhe der geltend gemachten Vorsteuern sowie die zugrunde
    liegenden Rechnungen prüfen.

Hinweise: Aus dem Urteil ergibt
sich nicht, inwieweit die Ausstattung erheblich unterschiedlich war. Nach der
Rechtsprechung kommen als Kriterien für eine unterschiedliche Ausstattung die
Höhe der Räume, die Dicke der Wände und Decken sowie die Innenausstattung in
Betracht.

Geht es um die Vorsteuer aus
Eingangsleistungen für die Nutzung, Erhaltung und Unterhaltung des Gebäudes wie
z.B. bei Reparaturen, wird die Abziehbarkeit der Vorsteuer aufgrund einer
Einzelzuordnung zu den Ausgangsumsätzen geprüft: Die Vorsteuer aus einer
Reparatur für den umsatzsteuerpflichtigen Supermarkt wäre also abziehbar, nicht
aber die Vorsteuer aus einer Reparatur für das umsatzsteuerfrei vermietete
Senioren-Wohnheim.

Der Gebäudekomplex wurde vom FG als
„ein“ Gebäude angesehen. Hätte das FG zwei Gebäude angenommen,
wäre die Vorsteuer für das Supermarkt-Gebäude vollständig abziehbar gewesen und
die Vorsteuer für das Senioren-Wohnheim gar nicht. Dies klingt zwar relativ
einfach, setzt aber voraus, dass die Bauunternehmer ihre Bauleistungen in den
Rechnungen dem jeweiligen Gebäude zugeordnet hätten.

BFH, Urteil vom 11.11.2020 – XI R
7/20; NWB

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