Eine Zuständigkeitsvereinbarung, die zwei Finanzämter mit
Zustimmung des Steuerpflichtigen getroffen haben und die dazu führt, dass ein
an sich nicht zuständiges Finanzamt zuständig wird, kann ohne Zustimmung des
Steuerpflichtigen wieder aufgehoben werden, wenn die Gründe für die
Zuständigkeitsvereinbarung weggefallen sind.
Hintergrund: Das örtlich
zuständige Finanzamt kann mit einem anderen Finanzamt vereinbaren, dass das
andere Finanzamt die Zuständigkeit für den Fall übernimmt. Eine derartige
Zuständigkeitsvereinbarung bedarf der Zustimmung des Steuerpflichtigen. Die
Zuständigkeitsvereinbarung steht im Ermessen der Finanzbehörden.
Sachverhalt: Der Kläger war
Arbeitgeber und im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts A tätig. Beim Finanzamt
A arbeitete seine Ehefrau als Sachbearbeiterin. Aufgrund dieser Tätigkeit der
Ehefrau vereinbarte das Finanzamt A mit dem Finanzamt B im Jahr 1994, dass
dieses die Zuständigkeit für die Einkommensteuer des Klägers und seiner Ehefrau
sowie für die Betriebssteuern des Klägers übernimmt; die Eheleute stimmten der
Zuständigkeitsvereinbarung zu. Im Jahr 2013 beendete die Ehefrau des Klägers
ihre Tätigkeit beim Finanzamt A. Daraufhin teilte das Finanzamt B dem Kläger
und seiner Ehefrau im November 2013 mit, dass der Grund für die
Zuständigkeitsvereinbarung entfallen sei und ab sofort wieder das Finanzamt A
zuständig sei. Der Kläger gab seine Lohnsteueranmeldungen in der Folgezeit aber
nicht in der vorgeschriebenen elektronischen Form ab. Das Finanzamt A setzte
daraufhin Verspätungszuschläge zur Lohnsteuer ab Februar 2015 fest, gegen die
der Kläger klagte.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage gegen das Finanzamt A ab:
-
Das Finanzamt A war für die Festsetzung der
Verspätungszuschläge örtlich zuständig. Denn es handelte sich dabei um das sog.
Betriebsstättenfinanzamt, in dessen Bezirk sich das Unternehmen des Klägers
befand. -
Zwar war aufgrund der Zuständigkeitsvereinbarung aus dem Jahr
1994 das Finanzamt B zuständig gewesen; die Zuständigkeitsvereinbarung wurde
allerdings im November 2013 aufgehoben. Diese Aufhebung war wirksam, weil sie
keiner Zustimmung des Klägers und seiner Ehefrau bedurfte. Eine Zustimmung ist
nach dem Gesetzeswortlaut nur für den Abschluss der Zuständigkeitsvereinbarung
erforderlich, nicht aber für deren Aufhebung. Denn die Aufhebung führt zur
Rückkehr zur gesetzlich vorgesehenen örtlichen Zuständigkeit. -
Die Voraussetzungen für die Festsetzung der
Verspätungszuschläge lagen vor, da der Kläger die Lohnsteueranmeldungen nicht
in der vorgeschriebenen elektronischen Form abgegeben hatte, so dass dies als
Nichtabgabe galt. Ermessensfehler bei der Festsetzung der Verspätungszuschläge
waren nicht ersichtlich.
Hinweise: Der BFH weist in
seinem Urteil auch darauf hin, dass die Zuständigkeitsvereinbarung nicht
grundlos aufgehoben worden ist. Vielmehr wurde die Vereinbarung aufgehoben,
weil die Ehefrau des Klägers ihre Tätigkeit beim Finanzamt A beendet hatte.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein an sich örtlich unzuständiges
Finanzamt die Zuständigkeit für eine Veranlagung übernimmt. Kommt es z.B. zu
einem Umzug des Steuerpflichtigen in den Zuständigkeitsbezirk eines anderen
Finanzamts, kann das bislang zuständige Finanzamt die Veranlagung noch
fortführen, sofern dies zweckmäßig erscheint und das nunmehr zuständige
Finanzamt zustimmt.
BFH, Urteil v. 12.7.2021 – VI R 13/19; NWB