Eine Anteilsübertragung an einer GmbH, die eine Organgesellschaft
im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft ist, kann eine nicht
umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung darstellen, wenn der Erwerber die
Organschaft mit der GmbH fortführt. Dies hätte u.a. zur Folge, dass der
Veräußerer die Vorsteuern, die ihm im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung
entstanden sind, abziehen kann.
Hintergrund: Eine
Geschäftsveräußerung ist nicht umsatzsteuerbar, so dass keine Umsatzsteuer
entsteht. Eine Geschäftsveräußerung setzt voraus, dass ein Unternehmen oder ein
Betrieb, der gesondert geführt wird, im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich
übertragen oder in eine Gesellschaft eingebracht wird und dass der Erwerber das
Unternehmen fortführt.
Sachverhalt: Die Klägerin war
eine GmbH & Co. KG, die Alleingesellschafterin der B-GmbH war, die Waren
produzierte. Die Klägerin vermietete Betriebsgrundstücke an die B-GmbH.
Geschäftsführer der Klägerin sowie der B-GmbH war der W, der auch alleiniger
Kommanditist der Klägerin und Gesellschafter der Komplementär-GmbH war. Die
Klägerin bildete daher mit der B-GmbH eine umsatzsteuerliche Organschaft.
Im Dezember 2012 verkaufte die Klägerin den Großteil ihrer
Beteiligung an der B-GmbH an die D-GmbH, ohne dabei zur Umsatzsteuerpflicht zu
optieren. Den verbleibenden Teil ihrer Beteiligung brachte die Klägerin in die
D-GmbH ein, so dass sie anschließend mit 25,1 % an der Erwerberin
beteiligt war. Die Klägerin trug Rechtsberatungskosten im Hinblick auf die
Anteilsveräußerung und machte die Vorsteuer hierfür geltend. Das Finanzamt
erkannte den Vorsteuerabzug nicht an, weil die Veräußerung der Anteile
umsatzsteuerfrei erfolgt war.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache an das Finanzgericht (FG)
zurück:
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Die Klägerin war Unternehmerin und daher grundsätzlich zum
Vorsteuerabzug berechtigt. Sie war als geschäftsleitende Holding wirtschaftlich
tätig, indem sie Grundstücke an die B-GmbH vermietete. Die Warenproduktion der
B-GmbH wurde infolge der Organschaft der Klägerin als Organträgerin
zugerechnet, so dass die Klägerin Umsätze durch den Warenverkauf erzielte.
Zugleich hatte die Organschaft zur Folge, dass die Vermietung an die B-GmbH ein
nicht steuerbarer Innenumsatz innerhalb der Organschaft
war. -
Der Vorsteuerabzug ist zwar bei umsatzsteuerfreien Umsätzen
ausgeschlossen. Die Anteilsveräußerung an die D-GmbH war ebenso wie die
Einbringung der verbleibenden Anteile in die D-GmbH nach dem Gesetz
umsatzsteuerfrei. Auf diese Steuerfreiheit hat die Klägerin nicht verzichtet,
also nicht zur Umsatzsteuerpflicht optiert. -
Bei der Anteilsveräußerung könnte es sich aber um eine
Geschäftsveräußerung handeln. Die Klägerin könnte dann die Vorsteuer abziehen.
Zwar stellt eine Anteilsveräußerung grundsätzlich keine Geschäftsveräußerung
dar, weil der Erwerber allein mit den Anteilen keine wirtschaftliche Tätigkeit
ausüben kann. Anders ist dies aber, wenn der Erwerber der Anteile aber mit der
GmbH, deren Anteile er erwirbt, eine umsatzsteuerliche Organschaft begründet.
Dann werden dem Erwerber nämlich die Umsätze der GmbH zugerechnet. -
Unschädlich ist es, dass die D-GmbH nicht Eigentümerin der
Betriebsgrundstücke ist. Für eine Geschäftsveräußerung genügt es, wenn der
Erwerber die notwendigen Betriebsgegenstände wie z.B. Räume oder Grundstücke
anmieten kann; bezüglich der von der Klägerin an die B-GmbH vermieteten
Betriebsgrundstücke wäre dies der Fall, da die D-GmbH als Organträgerin
umsatzsteuerliche Leistungsempfängerin (Mieterin) wäre.
Hinweise: Das FG muss nun
prüfen, ob zwischen der D-GmbH als Erwerberin und der B-GmbH eine
umsatzsteuerliche Organschaft begründet wurde und ob insbesondere die
organisatorische und wirtschaftliche Eingliederung vorlag. Falls ja, wäre nun
die D-GmbH unternehmerisch tätig und würde die unternehmerische Tätigkeit der
Klägerin fortsetzen, nämlich Waren verkaufen, da ihr der Verkauf durch die
B-GmbH umsatzsteuerlich zugerechnet wird. Die Geschäftsveräußerung würde die
Steuerfreiheit der Anteilsveräußerung quasi verdrängen, so dass die Klägerin
einen Vorsteuerabzug aus der Rechtsberatung hätte.
BFH, Urteil v. 18.9.2019 – XI R 33/18; NWB