War der Erblasser ein in Italien
wohnhafter Italiener und hat der Erbe seinen Wohnsitz in Deutschland, entsteht
nach deutschem Recht Erbschaftsteuer. Dies gilt auch dann, wenn der Erbe nach
dem Tod des Erblassers nach Italien umzieht und erst dort die Erbschaft nach
italienischem Recht annimmt. Denn die Annahme ist keine Bedingung, die dazu
führt, dass es erst mit der Annahme zu der Erbschaft kommt.
Hintergrund: Die
Erbschaftsteuerpflicht setzt grundsätzlich voraus, dass entweder der Erblasser
oder der Erbe im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer seinen Wohnsitz in
Deutschland hat. Die Erbschaftsteuer entsteht grundsätzlich im Zeitpunkt des
Todes, es sei denn, die Erbschaft stand unter einer aufschiebenden
Bedingung.
Sachverhalt: Der Vater
der Klägerin war Italiener und lebte in Italien; er starb im August 2015.
Hinterbliebene waren die Klägerin, ihr Bruder und ihre Mutter. Die Klägerin
lebte in Deutschland. Nach italienischem Erbrecht war die Annahme des Erbes
erforderlich, um Erbe zu werden. Die Klägerin zog im Juli 2016 nach Italien um
und nahm anschließend in Italien die Erbschaft an. Sie war der Ansicht, dass
die Erbschaft nicht steuerbar ist, weil es auf den Zeitpunkt der
Annahmeerklärung ankomme und sie zu diesem Zeitpunkt keinen Wohnsitz mehr in
Deutschland hatte.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) bejahte eine Erbschaftsteuerpflicht nach deutschem Recht
und wies die Klage ab:
-
Die Erbschaftsteuer entstand
mit dem Tod des Vaters. Zu diesem Zeitpunkt hatte zwar nicht der Erblasser
(Vater) seinen Wohnsitz in Deutschland, wohl aber die Klägerin, so dass die
Erbschaft steuerbar war. -
Zwar entsteht die
Erbschaftsteuer im Fall einer aufschiebenden Bedingung erst mit dem Eintritt
der Bedingung. Die Annahme der Erbschaft war allerdings keine derartige
Bedingung. Denn das Wesen einer aufschiebenden Bedingung ist, dass die
Rechtswirkung erst ab dem Bedingungseintritt erzeugt wird und nicht
rückwirkend. -
Die Annahme einer Erbschaft
nach italienischem Recht führt jedoch zu einem rückwirkenden Erwerb des Erbes.
Damit ist die Annahme keine aufschiebende Bedingung, sondern ein rückwirkendes
Ereignis. Die Erbschaft fällt daher mit dem Zeitpunkt des
Todes an, also rückwirkend.
Hinweise: Hätte es sich
bei der Annahme der Erbschaft um eine aufschiebende Bedingung gehandelt, wäre
die Erbschaftsteuer erst im Zeitpunkt der Annahme entstanden; in diesem
Zeitpunkt hätte aber die Klägerin ihren Wohnsitz nicht mehr in Deutschland
gehabt, so dass der Erwerb nicht steuerbar gewesen wäre.
Haben weder Erbe noch Erblasser
ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, besteht
grundsätzlich keine unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht. Allerdings gibt es
auch eine beschränkte Steuerpflicht, die trotz des Wohnsitzes des Erblassers
und des Erbens im Ausland dazu führen kann, dass Erbschaftsteuer entsteht; dies
ist der Fall, wenn bestimmtes Vermögen wie z. B. Grundbesitz oder
Betriebsvermögen, das sich in Deutschland befindet, vererbt wird.
BFH, Urteil v. 17.11.2021 – II R
39/19; NWB