Der Bundesfinanzhof (BFH) hat Zweifel, ob ein Gesellschafter einer
		GmbH den Bescheid über die Feststellung des Bestands des steuerlichen
		Einlagekontos anfechten kann. Wenn man dem Gesellschafter aber dieses Recht
		zugestehen würde, müsste er einen unanfechtbaren Feststellungsbescheid gegen
		sich gelten lassen; er könnte den Bescheid also nicht mehr anfechten, wenn für
		die GmbH die Einspruchsfrist abgelaufen ist. 
Hintergrund: Für eine
		Kapitalgesellschaft wird jährlich der Bestand des steuerlichen Einlagekontos
		festgestellt. In diesem Bescheid werden die von den Gesellschaftern geleisteten
		Einlagen erfasst. Diese Einlagen können in einem späteren Jahr unter bestimmten
		Voraussetzungen steuerfrei zurückgezahlt werden, so dass keine Abgeltungsteuer
		von 25 % anfällt.
Sachverhalt: Die Antragstellerin
		war eine schottische Personengesellschaft, die an der C-GmbH beteiligt war. Die
		Antragstellerin leistete im Jahr 2015 eine Einlage in die C-GmbH. Das Finanzamt
		stellte den Bestand des Einlagekontos zum 31.12.2015 mit Bescheid vom Juni 2016
		auf 0 € fest, da die C-GmbH in ihrer Feststellungserklärung die Einlage
		der Antragstellerin versehentlich nicht erklärt hatte. Die C-GmbH legte gegen
		den Bescheid keinen Einspruch ein, so dass der Bescheid bestandskräftig wurde.
		Im Februar 2018, also ca. 20 Monate später, legten die Antragstellerin und ihre
		Kommanditisten Einspruch gegen den Feststellungsbescheid über das steuerliche
		Einlagekonto ein. Außerdem beantragten sie die Aussetzung der Vollziehung des
		Feststellungsbescheids. 
Entscheidung: Der BFH wies den
		Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet zurück: 
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Der Feststellungsbescheid über das steuerliche Einlagekonto
kann von der Kapitalgesellschaft, also der C-GmbH, angefochten werden, da er
sich gegen die Kapitalgesellschaft richtet und an diese adressiert ist. Ob auch
die Gesellschafter der Kapitalgesellschafter ein Anfechtungsrecht haben, ist
zweifelhaft. Würde man ein solches Drittanfechtungsrecht bejahen, könnten u. U.
mehrere Tausend Aktionäre einer AG den Feststellungsbescheid anfechten. - 
Die Frage eines eigenen Anfechtungsrechts des Gesellschafters
kann aber offenbleiben. Denn selbst wenn man ein solches Anfechtungsrecht
bejahen würde, würde für den Gesellschafter die sog. Drittwirkung der
Steuerfestsetzung gelten und seine Einspruchsmöglichkeit einschränken. Wird der
Feststellungsbescheid gegenüber der GmbH bestandskräftig, weil ihn die GmbH
nicht innerhalb der Einspruchsfrist angefochten hat, gilt die Bestandskraft
auch gegenüber den Gesellschaftern der GmbH und damit auch gegenüber der
Antragstellerin und ihren Kommanditisten. - 
Der Feststellungsbescheid über das steuerliche Einlagekonto
ist gegenüber der C-GmbH bestandskräftig geworden. Damit gilt der Bescheid auch
gegenüber den Gesellschaftern der C-GmbH als bestandskräftig, also gegenüber
der Antragstellerin und ihren Gesellschaftern. 
Hinweise: Der Beschluss ist für
		Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft nachteilig, weil die Feststellung des
		Bestands des steuerlichen Einlagekontos vor allem ihren Interessen dient,
		nämlich die Möglichkeit einer steuerfreien Rückgewähr der Einlagen in einem
		Folgejahr. Der BFH weist aber darauf hin, dass die Kapitalgesellschaft und ihre
		Gesellschafter gesellschaftsvertraglich miteinander verbunden sind, so dass die
		Gesellschafter ihre Gesellschaftsrechte wie z.B. das Informationsrecht dazu
		nutzen können, um die Kapitalgesellschaft zur rechtzeitigen Einlegung von
		Einsprüchen veranlassen zu können. 
Eine sog. Drittanfechtung, d.h. die Anfechtung eines Bescheids
		durch eine Person, gegen die sich der Bescheid nicht richtet, ist im
		Steuerrecht die Ausnahme. Eine solche Ausnahme gibt es aber bei der Einbringung
		eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft. Der Wert, mit dem das
		Betriebsvermögen bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft angesetzt wird,
		ergibt sich faktisch aus dem Körperschaftsteuerbescheid der aufnehmenden
		Kapitalgesellschaft. Die aufnehmende Kapitalgesellschaft kann den
		Körperschaftsteuerbescheid bezüglich des angesetzten Werts aber nicht
		anfechten, weil nur der Einbringende durch den Wertansatz beschwert ist, weil
		sich der Wert auf seinen Veräußerungsgewinn auswirkt. Daher ist der
		Einbringende zu einer sog. Drittanfechtung des Körperschaftsteuerbescheids der
		aufnehmenden Kapitalgesellschaft berechtigt. 
BFH, Beschluss v. 10.12.2019 – I B 35/19; NWB
					