Die gewinnerhöhende Abzinsung einer unverzinslichen
Darlehensverbindlichkeit kann nicht rückwirkend durch eine Zinsvereinbarung
verhindert werden. Die gewinnerhöhende Abzinsung setzt aber voraus, dass die
gegenüber einem Angehörigen bestehende Darlehensverbindlichkeit zum
Betriebsvermögen gehört, also einem Fremdvergleich
standhält.

Hintergrund: Unverzinsliche
Verbindlichkeiten, deren Restlaufzeit am Bilanzstichtag mindestens 12 Monate
beträgt, sind gewinnerhöhend mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Hierdurch
entsteht ein Abzinsungsgewinn, der in der Folgezeit bis zur Tilgung der
Verbindlichkeit durch eine gewinnmindernde Aufzinsung wieder kompensiert wird.

Sachverhalt: Die Klägerin war
Einzelunternehmerin und erhielt 2010 zwei Darlehen (Darlehensvertrag jeweils
aus 2009): Ein Darlehen über ca. 257.000 erhielt sie von G. Das Darlehen war
unverzinslich und bis 2030 tilgungsfrei; ab 2030 sollte es in 15 Jahresraten
bis 2045 zurückgezahlt werden. Ein weiteres Darlehen über ca. 238.000 €
erhielt sie von ihrem Schwager zu gleichen Konditionen, also ebenfalls
unverzinslich und rückzahlbar bis 2045. Beide Darlehen waren unbesichert.
Während einer Betriebsprüfung legte die Klägerin im November 2012
Zusatzvereinbarungen vor, mit der für beide Darlehen ab 1.1.2012 eine
Verzinsung von 2 % vereinbart wurde. Im Juli 2014 legte sie Verträge mit dem
ursprünglichen Vertragsdatum aus dem Jahr 2009 vor, aus denen sich eine
Verzinsung von jeweils 1 % ergab. Das Finanzamt ging dennoch von
unverzinslichen Verbindlichkeiten aus und nahm zum 31.12.2010 eine
gewinnerhöhende Abzinsung von ca. 195.000 € (Darlehen des G) und ca.
181.000 € (Darlehen des Schwagers) vor.

Entscheidung: Der BFH gab dem
Finanzamt hinsichtlich des Darlehens des G Recht und verwies die Klage
bezüglich des Darlehens des Schwagers an das Finanzgericht (FG) zurück:

Das von G aufgenommene Darlehen war unverzinslich, hatte eine
Restlaufzeit von mindestens einem Jahr und war daher gewinnerhöhend abzuzinsen.

Der Darlehensvertrag mit G enthielt keine Verzinsung. Die
nachfolgenden Vereinbarungen beseitigten nicht die zum 31.12.2010 bestehende
Unverzinslichkeit:

  • Zwar wurde im November 2012 eine Verzinsung von 2 %
    vereinbart; diese sollte aber erst ab dem 1.1.2012 gelten, also noch nicht zum
    streitigen Bilanzstichtag des 31.12.2010.

  • Die im Juli 2014 vorgelegten Verträge sind erst nach dem
    31.12.2010 geschlossen worden, auch wenn sie ein Datum aus dem Jahr 2009
    aufweisen. Denn diese Vereinbarung wurde erst 2014 vorgelegt und widerspricht
    inhaltlich der Änderung des Jahres 2012, die einen niedrigeren Zinssatz
    aufweist. Selbst wenn man aus der Vereinbarung eine zivilrechtliche Rückwirkung
    auf das Jahr 2010 ableiten wollte, gilt die Rückwirkung steuerlich nicht.

  • Nach der Abzinsung ergibt sich ein Barwert von ca. 62.000
    €, so dass hieraus ein Abzinsungsgewinn von ca. 195.000 € folgt.

Bezüglich des Darlehens des Schwagers muss das FG prüfen, ob das
Darlehen überhaupt zum Betriebsvermögen gehörte. Dies ist der Fall, wenn es
einem Fremdvergleich standhält, also fremdüblich war. Hiergegen könnte
sprechen, dass das Risiko überproportional beim Schwager lag; denn zunächst gab
es einen fast 20jährigen tilgungsfreien Zeitraum und danach eine Tilgungsdauer
von 15 Jahren, insgesamt also eine Laufzeit von 35 Jahren. Die Klägerin würde
bis dahin möglicherweise nicht mehr unternehmerisch tätig sein und keine
Einkünfte mehr erzielen. Zudem war das Darlehen nicht besichert.

Hinweise: Unverzinsliche
Darlehensverbindlichkeiten sollten wegen der steuerlichen Abzinsung vermieden
werden. Eine geringfügige Verzinsung genügt, um Abzinsungsgewinne zu vermeiden.

Gibt es eine unverzinsliche Darlehensverbindlichkeit, sollte
möglichst umgehend eine (geringe) Verzinsung in Erwägung gezogen werden. Diese
Verzinsung wirkt aber nur für künftige Bilanzstichtage und nicht
zurück.

Verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des gesetzlichen
Zinssatzes von 5,5 % hatte der BFH nicht; denn im Streitjahr 2010 war der
vergleichbare Zinssatz am Fremdkapitalmarkt nicht wesentlich niedriger.

BFH, Urteil v. 22.5.2019 – X R 19/17; NWB

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