Erhält ein Darlehensgeber Darlehenszinsen von einer ausländischen
		Kapitalgesellschaft, an der er mittelbar beteiligt ist, werden die
		Darlehenszinsen nach der bis einschließlich 2020 geltenden Rechtslage mit dem
		individuellen Steuersatz des Darlehensgebers besteuert und nicht mit der
		Abgeltungsteuer von 25 %. Dies gilt dann, wenn der Darlehensgeber die
		Stimmenrechtsmehrheit an der zwischengeschalteten Anteilseignerin der
		ausländischen Kapitalgesellschaft hat und diese mit mindestens 10 % an der
		ausländischen Kapitalgesellschaft beteiligt ist. 
Hintergrund: Darlehenszinsen
		unterliegen grundsätzlich der Abgeltungsteuer von 25 %. Allerdings gibt es
		hiervon gesetzliche Ausnahmen, so dass die Zinsen mit dem individuellen
		Steuersatz des Steuerpflichtigen besteuert werden. Eine solche Ausnahme greift
		z.B., wenn der Darlehensgeber Zinsen von einer Kapitalgesellschaft erhält, an
		der er mit mindestens 10 % beteiligt ist, oder wenn der Darlehensgeber eine
		nahe stehende Person des Anteilseigners der Kapitalgesellschaft, die die Zinsen
		zahlt, ist. 
Sachverhalt: Der Kläger lebte in
		Deutschland und war hier unbeschränkt steuerpflichtig. Er war
		Alleingesellschafter der niederländischen A-BV, einer Kapitalgesellschaft. Die
		A-BV war wiederum Alleingesellschafterin der niederländischen B-BV. Der Kläger
		gewährte der B-BV mehrere Darlehen. Hierfür erhielt er im Streitjahr 2011
		410.000 € Zinsen. Das Finanzamt lehnte eine Besteuerung mit der
		Abgeltungsteuer von 25 % ab und besteuerte die Zinsen mit dem höheren
		individuellen Steuersatz des Klägers.
Entscheidung: Der
		Bundesfinanzhof (BFH) lehnte die Anwendung der Abgeltungsteuer ab und gab dem
		Finanzamt Recht:
- 
Grundsätzlich gilt für Darlehenszinsen die Abgeltungsteuer von
25 %. Im Streitfall ist die Abgeltungsteuer aber kraft Gesetzes ausgeschlossen. - 
Zwar greift nicht der gesetzliche Ausschluss für
Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, die mit mindestens 10 % an der
Kapitalgesellschaft beteiligt sind. Denn der Kläger war nicht unmittelbar mit
mindestens 10 % an der B-BV beteiligt, sondern nur
mittelbar. - 
Jedoch war der Kläger eine der Anteilseignerin A-BV
nahe stehende Person. Die A-BV war mit
mindestens 10 %, nämlich sogar mit 100 %, an der B-BV beteiligt, und der Kläger
hatte die Stimmenrechtsmehrheit bei der A-BV. - 
Dieser gesetzliche Ausschluss von der Abgeltungsteuer gilt
auch dann, wenn die Zinsen von einer ausländischen Kapitalgesellschaft wie der
B-BV, die in Deutschland weder über einen Sitz noch ihre Geschäftsleitung hat,
gezahlt werden. Die Abgeltungsteuer soll nämlich die Standortattraktivität des
deutschen Finanzplatzes stärken und daher Kapitalanlagen in Deutschland
steuerlich entlasten. Es wäre daher sinnwidrig, den Ausschluss von der
Abgeltungsteuer deshalb zu verneinen, weil es sich um Zinszahlungen einer
ausländischen Kapitalgesellschaft handelt. 
Hinweise: Das Urteil betrifft
		die Rechtslage bis einschließlich 2020. Der Gesetzgeber hat den Ausschluss der
		Abgeltungsteuer im Jahr 2020 erweitert, um zu verhindern, dass sich Verluste
		aus Kapitalvermögen außerhalb der Abgeltungsteuer und damit steuerlich
		vorteilhaft auswirken. Deshalb soll es aufgrund der Gesetzesänderung nur noch
		dann zu einem Ausschluss der Abgeltungsteuer kommen, wenn die Zinsen beim
		Schuldner zu inländischen Betriebsausgaben oder Werbungskosten führen.
		
Für den Kläger wirkt sich diese Gesetzesänderung künftig positiv
		aus. Denn die niederländische B-BV kann die von ihr an den Kläger gezahlten
		Zinsen nicht als inländische (d.h. deutsche) Betriebsausgaben geltend machen.
		Damit greift der gesetzliche Ausschluss der Abgeltungsteuer nicht mehr, so dass
		die Zinsen der Abgeltungsteuer von 25 % unterliegen. Diese Gesetzesänderung
		gilt für den Kläger ab 2024, da die im Jahr 2020 beschlossene Gesetzesänderung
		für sog. Altdarlehen, die vor dem 1.1.2021 gewährt worden sind, erst ab 2024
		anwendbar ist. Sollte der Kläger ein weiteres Darlehen an die B-BV ab dem
		1.1.2021 gewähren, also ein sog. Neudarlehen, würde für diese Zinsen bereits ab
		2021 die Abgeltungsteuer gelten. 
Quelle: BFH, Urteil v. 27.6.2023 – VIII R 15/21; NWB
					