Fällt die Unternehmensidentität
während des Jahres weg, weil z. B. aus einem produzierenden Unternehmen ein
verpachtendes Unternehmen wird, besteht die Gewerbesteuerpflicht jeweils nur
für einen abgekürzten Erhebungszeitraum, nämlich vom 1.1. bis zur Einstellung
der Produktion sowie vom Beginn der Verpachtung bis zum 31.12. des Jahres. Das
Verpachtungsunternehmen kann einen zum 31.12. des Vorjahres festgestellten
Verlustvortrag nicht mit dem eigenen Gewerbeertrag verrechnen, da der
Verlustvortrag nur mit dem Gewerbeertrag des produzierenden Unternehmens
verrechnet werden kann und anschließend untergeht.
Hintergrund: Der
Gewerbesteuermessbetrag wird für den sog. Erhebungszeitraum, d. h. für das
Kalenderjahr, festgesetzt. Besteht die Gewerbesteuerpflicht aber nur für einen
Teil des Jahres, gibt es nur einen abgekürzten Erhebungszeitraum, für den dann
der Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt wird. Die Gewerbesteuerpflicht setzt
einen Gewerbebetrieb im Inland voraus. Eine Personengesellschaft kann mehrere
Gewerbebetriebe nacheinander haben.
Sachverhalt: Die Klägerin
war eine gewerblich geprägte und damit gewerbesteuerpflichtige GmbH & Co.
KG, an der neben der Komplementär-GmbH noch M und F beteiligt waren.
Unternehmensgegenstand der Klägerin war die Errichtung, der Erwerb und der
Betrieb von Kraftwerken. Für die Klägerin war zum 31.12.2011 ein
gewerbesteuerlicher Verlustvortrag festgestellt worden. Zum 30.10.2012
verkauften M und F ihre Kommanditanteile an die Z, während die GmbH weiterhin
an der Klägerin beteiligt blieb. Mit Vertrag vom 14.12.2012 verpachtete die
Klägerin ihr Kraftwerk rückwirkend zum 1.11.2012 an die Z, der auch das
Grundstück gehörte, auf dem das Kraftwerk stand. Die Klägerin erzielte 2012
einen Gewinn, von dem sie den zum 31.12.2011 festgestellten Verlustvortrag
abzog. Das Finanzamt erkannte den Verlustabzug nur zu 10/12 an, weil der
Gewerbebetrieb der Klägerin nur bis zum 31.10.2012 bestanden habe. Das FG wies
die Klage ab.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache zur
weiteren Prüfung an das FG zurück:
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Die Klägerin war eine
gewerblich geprägte GmbH & Co. KG und daher im gesamten Jahr 2012
gewerbesteuerpflichtig. Hieran änderte die Veräußerung der
Kommanditbeteiligungen durch M und F an Z nichts. Dies war nur ein partieller
Mitunternehmerwechsel (Gesellschafterwechsel), der für sich gesehen nicht zu
einem abgekürzten Erhebungszeitraum führte. Der Erhebungszeitraum wäre nur dann
abgekürzt worden, wenn alle Mitunternehmer gewechselt hätten; im Streitfall
blieb aber die Komplementär-GmbH ganzjährig an der Klägerin
beteiligt. -
Denkbar ist aber, dass die
Klägerin zum 30.10.2012 ihren Kraftwerksbetrieb eingestellt und zum 1.11.2012
einen Verpachtungsbetrieb neu begründet hat. In diesem Fall würde es zwei
verschiedene Gewerbebetriebe der Klägerin geben, die nacheinander betrieben
worden wären. -
Ob es zwei nacheinander
betriebene Gewerbebetriebe gab oder aber nur einen identischen Gewerbebetrieb,
hängt von folgenden Kriterien ab: Art der Betätigung, Kunden- und
Lieferantenkreis, Arbeitnehmerschaft, Geschäftsleitung, Betriebstätten und
Zusammensetzung des Aktivvermögens. Sollte es zwei nacheinander betriebene
Gewerbebetriebe gegeben haben, nämlich einen produzierenden bis zum 31.10.2012
und einen verpachtenden ab dem 1.11.2012, gäbe es auch zwei abgekürzte
Erhebungszeiträume und damit zwei Gewerbeerträge für die beiden
Betriebe.-
Für den produzierenden
Betrieb wäre der Gewerbeertrag für den Zeitraum vom 1.1.2012 bis zum 31.10.2012
zu ermitteln und hiervon der zum 31.12.2011 festgestellte Gewerbeverlust
abzuziehen. -
Für den verpachtenden
Betrieb wäre der Gewerbeertrag für den Zeitraum vom 1.11.2012 bis zum
31.12.2012 zu ermitteln. Der zum 31.12.2011 festgestellte Gewerbeverlust dürfte
von diesem Gewerbeertrag nicht abgezogen werden, da er für einen anderen
Betrieb festgestellt worden ist, nämlich für den produzierenden Betrieb.
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Hinweise: Sollte der
Gewerbebetrieb während des gesamten Jahres identisch gewesen sein, wäre nur ein
einziger Gewerbeertrag für 2012 zu ermitteln und von diesem der zum 31.12.2011
festgestellte Gewerbeverlust abzuziehen.
Das FG muss auch klären, zu welchem
Zeitpunkt es ggf. zu einem Wechsel des Gewerbebetriebs gekommen ist. Der
Verpachtungsvertrag ist erst am 14.12.2012 geschlossen worden, sollte aber
rückwirkend ab dem 1.11.2012 gelten. Ein rückwirkender Beginn wäre steuerlich
zwar nicht anzuerkennen; es könnte aber sein, dass der Verpachtungsvertrag
lediglich einen bereits zum 1.11.2012 geschlossenen Pachtvertrag schriftlich
fixiert hat.
BFH, Urteil vom 19.12.2019 –
IV R 8/17; NWB