Auch Kapitalgesellschaften außerhalb Deutschlands und außerhalb der
EU können steuerfrei Einlagen der Gesellschafter zurückzahlen. Die gesetzliche
Beschränkung nur auf deutsche Kapitalgesellschaften sowie auf
Kapitalgesellschaften der EU gilt nicht, weil sie gegen den europarechtlichen
Grundsatz der Kapitalverkehrsfreiheit verstößt.
Hintergrund: Grundsätzlich kann
eine Kapitalgesellschaft eine Einlage des Gesellschafters steuerfrei
zurückzahlen. Es handelt sich dabei also nicht um eine steuerpflichtige
Dividende (Gewinnausschüttung). Nach dem Gesetz gilt der Grundsatz der
Einlagenrückgewähr für deutsche Kapitalgesellschaften und
Kapitalgesellschaften, die in der EU ansässig sind, nicht aber für
Drittstaatengesellschaften mit Sitz außerhalb der EU.
Sachverhalt: Die Klägerin war
eine deutsche GmbH, die Alleingesellschafterin einer US-amerikanischen
Kapitalgesellschaft war und Einlagen in diese geleistet hatte. Im Streitjahr
2008 zahlte die amerikanische Gesellschaft die Einlagen an die Klägerin zurück.
Aus Sicht der Klägerin handelte es sich dabei um eine steuerfreie
Einlagenrückgewähr. Das Finanzamt sah hierin eine Dividende, die bei einer GmbH
als Dividendenempfängerin zu 5 % steuerpflichtig ist.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
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Auch eine Kapitalgesellschaft außerhalb der EU kann Einlagen
steuerfrei zurückgewähren. Das System der Einlagenrückgewähr ist nicht auf
deutsche Kapitalgesellschaften oder auf Kapitalgesellschaften innerhalb der EU
beschränkt, sondern steht auch Drittstaatengesellschaften, die außerhalb der EU
ihren Sitz haben, zu. -
Zwar werden im Gesetz ausdrücklich nur deutsche und
EU-Kapitalgesellschaften genannt, die Einlagen steuerfrei zurückgewähren
können. Dies schließt jedoch Drittstaaten-Gesellschaften nicht aus. Denn der
Grundsatz der europäischen
Kapitalverkehrsfreiheit gebietet es, auch
Kapitalgesellschaften aus Drittstaaten zu erfassen. Ansonsten könnten
Investoren, die aus der EU kommen und außerhalb der EU investieren, abgehalten
werden. -
Da im Streitfall die Voraussetzungen für eine
Einlagenrückgewähr im Übrigen vorlagen, war sie vollständig steuerfrei und
nicht nur zu 95 %.
Hinweise: Die Steuerfreiheit
einer Einlagenrückgewähr hängt u.a. von der Höhe des ausschüttbaren Gewinnes
ab. Dieser ist nach dem US-amerikanischen Handels- und Gesellschaftsrecht zu
ermitteln. Die weitere Prüfung einer steuerfreien Einlagenrückgewähr richtet
sich nach deutschem Steuerrecht, z.B. nach der sog. Verwendungsfiktion.
Im deutschen Steuerrecht wird zwar das steuerliche Einlagekonto
verfahrensrechtlich für die Kapitalgesellschaft festgestellt. Diese
Feststellung ist bei einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft aber nicht
möglich, so dass die Frage, in welcher Höhe ein Einlagekonto besteht, also
Einlagen geleistet wurden, im Steuerfestsetzungsverfahren des Anteilseigners zu
entscheiden ist, d.h. im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung der Klägerin.
BFH, Urteil v. 10.4.2019 – I R 15/16; NWB