Der sich aus einem Verzicht auf
eine zum Privatvermögen gehörende Darlehensforderung ergebende Verlust ist
steuerlich nicht absetzbar, wenn der Darlehensvertrag vor dem 1.1.2009 zustande
gekommen ist. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens an.

Hintergrund: Verluste aus
dem Verkauf oder aus dem Ausfall einer Darlehensforderung, die zum
Privatvermögen gehört, sind steuerlich bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
absetzbar. Hierzu gehört auch der Verlust, der sich aus einem Verzicht auf die
Darlehensforderung ergibt. Nach dem Gesetz setzt die Berücksichtigung
entsprechender Verluste aber voraus, dass die Forderung nach
dem angeschafft oder begründet worden ist
.

Streitfall: Die Klägerin
als Darlehensgeberin schloss mit der Q-Limited am 1.1.2008 einen
Darlehensvertrag über einen Höchstbetrag von 150.000 € ab. Die Q-Limited
sollte das Darlehen jederzeit abrufen können. Die einzelnen Zahlungsbewegungen
und -zeitpunkte zwischen der Klägerin und der Q-Limited stehen nicht fest. Die
Darlehensforderung belief sich am 31.12.2018 auf ca. 112.000 € und
gehörte zum Privatvermögen der Klägerin. Am 31.12.2018 verzichtete die Klägerin
auf die Darlehensforderung und machte den sich hieraus ergebenden Verlust bei
den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Das Finanzamt erkannte den Verlust
steuerlich nicht an, weil es davon ausging, dass die Darlehensforderung bereits
am 1.1.2008 und damit vor dem 1.1.2009 begründet worden sei.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die steuerliche
    Berücksichtigung von Darlehensverlusten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
    setzt nach dem Gesetz voraus, dass die Darlehensforderung nach dem 31.12.2008
    angeschafft oder begründet worden ist.

  • Eine Darlehensforderung wird
    begründet, wenn der Darlehensvertrag wirksam zustande kommt. Bei einer
    Darlehensforderung handelt es sich nämlich um einen vertraglich begründeten
    Anspruch, so dass es auf den Zeitpunkt des Abschlusses des
    Darlehensvertrags
    ankommt. Mit dem Abschluss des
    Darlehensvertrags erwirbt der Darlehensgeber auch den Rückzahlungsanspruch.

  • Es kommt
    nicht auf den Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens an.
    Denn
    dann wäre eine einfache und rechtssichere Anwendung des Gesetzes nicht möglich,
    weil in jedem Einzelfall ermittelt werden müsste, wann die vereinbarte
    Darlehenssumme ausgezahlt worden ist.

  • Im Streitfall ist der
    Darlehensvertrag am 1.1.2008 und damit vor dem 1.1.2009 zustande gekommen, so
    dass ein Darlehensverlust steuerlich nicht berücksichtigt werden kann. Soweit
    die Klägerin geltend macht, dass die Q-Limited das Darlehen zwischenzeitlich
    vollständig getilgt habe und die Klägerin anschließend erneut Geld an die
    Q-Limited ausgezahlt habe, so dass ein neuer Darlehensvertrag zustande gekommen
    sei – und zwar nach dem 31.12.2008 – ist dem nicht zu folgen, weil
    der Darlehensvertrag durch eine vollständige Rückzahlung nicht erloschen wäre;
    vielmehr hätte die Q-Limited dasselbe Darlehen nach zwischenzeitlicher Tilgung
    erneut in Anspruch genommen.

Hinweis: Der
Darlehensverlust wäre hingegen steuerlich absetzbar gewesen, wenn die
Darlehensforderung zum Betriebsvermögen der Klägerin gehört hätte.

Der BFH hat die Annahme eines
Kontokorrentkontos, bei dem die einzelnen Ein- und Auszahlungen miteinander
verrechnet werden und am Ende des vereinbarten Zeitraums (z.B. Quartals) ein
Saldo festgestellt wird, abgelehnt. Es fehlte nämlich bereits im
Darlehensvertrag vom 1.1.2008 eine entsprechende Vereinbarung; außerdem war
nicht feststellbar, dass die Vertragspartner den Saldo des Kontos tatsächlich
festgestellt haben. Hätte es sich bei der Darlehensvereinbarung um ein
Kontokorrent gehandelt, wäre der Streitfall wegen der zwischenzeitlichen
Tilgung des Darlehens möglicherweise anders entschieden worden.

Quelle: BFH, Urteil vom 18.6.2024 –
VIII R 25/23; NWB

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