Die Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Privatvermögen auf
		eine unternehmerisch tätige Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) gegen
		Gewährung von Gesellschaftsrechten ist ein vollentgeltliches
		Geschäft und keine Einlage, bei der
		Abschreibungsbeschränkungen gelten würden. Die Vollentgeltlichkeit ist auch
		dann zu bejahen, wenn der Wert des Wirtschaftsguts nur teilweise dem
		Festkapitalkonto des Gesellschafters, das die Gesellschafterrechte
		repräsentiert, gutgeschrieben wird, im Übrigen aber einem gesamthänderisch
		gebundenen Rücklagenkonto gutgeschrieben wird, an dem der Gesellschafter
		lediglich beteiligt ist. 
Hintergrund: Die Übertragung
		eines Wirtschaftsguts auf eine unternehmerisch tätige Mitunternehmerschaft kann
		unterschiedliche Rechtsfolgen auslösen, je nachdem, ob es sich um ein
		Wirtschaftsgut des Privat- oder Betriebsvermögens handelt und ob die
		Übertragung unentgeltlich oder entgeltlich erfolgt. 
Sachverhalt: Die Klägerin war
		eine gewerblich tätige M-GbR, die eine Windkraftanlage auf einem Grundstück
		betreiben wollte. Das Kapital der M-GbR betrug 10.000 €. Sie hatte vier
		Gesellschafter, die mit je 25 % (= 2.500 €) beteiligt waren, aber noch
		keine Einlage erbracht hatten. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollte ein
		Grundstück mit einer Windkraftanlage (WKA) im Wege der Einlage auf die M-GbR
		übertragen werden; soweit der Wert dieser Einlage das Gesellschaftskapital von
		10.000 € übersteigen würde, sollte er dem gesamthänderisch gebundenen
		Rücklagenkonto gutgeschrieben werden. Über ein entsprechendes Grundstück mit
		WKA verfügte die Besitz-GbR, die die WKA zuvor im Rahmen der
		Vermietungseinkünfte vermietet und Abschreibungen auf die WKA vorgenommen
		hatte. Die vier Gesellschafter der M-GbR waren an der Besitz-GbR mittelbar,
		nämlich über eine GbR I, beteiligt. Am 4.3.2010 übertrug die Besitz-GbR das
		Grundstück mit WKA auf die M-GbR. Als Wert der WKA wurden 400.000 €
		angesetzt. Die M-GbR buchte 10.000 € auf den Festkapitalkonten der vier
		Gesellschafter (je 2.500 €) und die verbleibenden 390.000 € auf
		das gesamthänderisch gebundene Rücklagenkonto. Im Streitjahr schrieb die M-GbR
		die WKA auf der Grundlage einer Nutzungsdauer von 11 Jahren ab. Das Finanzamt
		sah in der Übertragung eine Einlage und erkannte die Abschreibungen nicht an,
		weil die M-GbR bereits vor der Einlage Abschreibungen in Anspruch genommen
		hatte, die vom Einlagewert, den das Finanzamt mit lediglich ca. 145.000
		€ ansetzte, abzuziehen seien.
Entscheidung: Der
		Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage im Grundsatz statt, verwies die Sache aber
		zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück: 
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Bei der Übertragung des Grundstücks mit WKA handelte es sich 
 nicht um eine Einlage, sondern um ein vollentgeltliches Geschäft. Denn der Wert
 der WKA wurde dem Festkapitalkonto jedes Gesellschafters mit jeweils 2.500
 € gutgeschrieben. Damit hatte jeder Gesellschafter seine Einlage
 erbracht und erlangte eine Mitunternehmerstellung mit einer Beteiligung von 25
 %. Aufgrund dieser Beteiligung war auch jeder Gesellschafter an dem
 gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto, auf dem die weiteren 390.000
 € gutgeschrieben wurden, beteiligt.
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Aus Sicht der M-GbR handelt es sich ebenfalls um ein 
 vollentgeltliches Geschäft und damit um eine Anschaffung. Eine Aufteilung in
 ein entgeltliches Geschäft und unentgeltliches Geschäft war somit nicht
 vorzunehmen.
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Die M-GbR war damit zu Abschreibungen auf die WKA berechtigt, 
 ohne dass die gesetzliche Regelung, die bei Einlagen Abschreibungen beschränkt,
 wenn auf das Wirtschaftsgut vor der Einlage bereits Abschreibungen im Rahmen
 einer anderen Einkunftsart in Anspruch genommen worden sind, anwendbar war.
Hinweise: Im zweiten Rechtsgang
		muss das FG nun den gemeinen Wert für die WKA ermitteln, da die
		Wertvorstellungen zwischen der Klägerin (400.000 €) und dem Finanzamt
		(145.000 €) voneinander abwichen. 
Für den BFH war entscheidend, dass den Gesellschaftern der M-GbR
		eine Mitunternehmerstellung eingeräumt wurde. Denn mit der Übertragung konnten
		sie ihre Einlage erbringen und erlangten nun Gesellschaftsrechte im Umfang von
		jeweils 25 %. Die Vollentgeltlichkeit wäre auch dann zu bejahen gewesen, wenn
		die Übertragung eines Wirtschaftsguts durch einen Gesellschafter zu einer
		Erweiterung seiner Beteiligung geführt hätte. 
Quelle: BFH, Urteil vom 23.3.2023 – IV R 2/20; NWB
 
					