Der Bescheid über die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos,
der gegenüber der GmbH ergeht, kann nur durch die GmbH angefochten werden,
nicht aber durch einen Gesellschafter der GmbH. Der Gesellschafter hat kein
sog. Drittanfechtungsrecht, auch wenn ihn der Bescheid mittelbar betrifft.
Hintergrund: Die Einlagen, die
die Gesellschafter einer GmbH in die GmbH einzahlen, werden im sog.
steuerlichen Einlagekonto festgehalten und festgestellt. Hierzu ergeht jedes
Jahr ein Feststellungsbescheid. Werden die Einlagen später an die
Gesellschafter zurückgezahlt, kann dies steuerfrei erfolgen, wenn u.a. die
Einlagen vorher im steuerlichen Einlagekonto festgestellt worden waren. Ohne
diese Feststellung kann die Rückgewähr der Einlagen nicht steuerfrei erfolgen,
sondern wird als Ausschüttung mit 25 % besteuert.
Sachverhalt: Die Klägerin war
eine dänische AG, die Gesellschafterin der in Deutschland ansässigen D-GmbH
war. Die Klägerin tätigte im Jahr 2007 eine Einlage in Höhe von 800.000
€ in die Kapitalrücklage der D-GmbH. Allerdings wurde die Einlage in der
Erklärung über das steuerliche Einlagekonto der D-GmbH zum 31.12.2007 zu
Unrecht nicht erklärt und daher im Feststellungsbescheid über das steuerliche
Einlagekonto vom 22.12.2008 nicht festgestellt. Der Bescheid wurde nur der
D-GmbH, nicht aber der Klägerin bekannt gegeben; die D-GmbH legte gegen den
Bescheid keinen Einspruch ein. Am 18.1.2018 legte die Klägerin Einspruch gegen
den Feststellungsbescheid ein und erhob anschließend Klage. Das Finanzamt hielt
den Einspruch und die Klage für unzulässig.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
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Der Feststellungsbescheid über das steuerliche Einlagekonto
zum 31.12.2007 richtete sich gegen die D-GmbH und konnte daher nur von der
D-GmbH angefochten werden. Diese Anfechtung war aber unterblieben, weil die
D-GmbH gegen den Bescheid keinen Einspruch eingelegt hatte. -
Die Klägerin war nur Gesellschafterin der D-GmbH und konnte
daher den Feststellungsbescheid über das steuerliche Einlagekonto nicht
anfechten. Der Klägerin stand kein sog.
Drittanfechtungsrecht zu. -
Zwar ist die Klägerin vom Inhalt des Bescheids betroffen, weil
die von ihr geleisteten Einlagen später nicht steuerfrei an sie zurückgewährt
werden können. Dennoch führt dies nicht zu einem Drittanfechtungsrecht. Denn
würde man jedem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ein Anfechtungsrecht
einräumen, hinge die Bestandskraft des Bescheids davon ab, ob und wann der
einzelne Gesellschafter Einspruch einlegt; dabei wäre zu berücksichtigen, dass
die Einspruchsfrist erst mit der jeweiligen Bekanntgabe an den einzelnen
Gesellschafter beginnt, so dass hier für jeden Gesellschafter die
Einspruchsfrist unterschiedlich beginnen könnte. Dies hätte auch Auswirkungen
auf die Verjährung.
Hinweise: Der Gesellschafter
muss über seine Stellung als Gesellschafter versuchen, die Kapitalgesellschaft
dazu zu bewegen, gegen einen fehlerhaften Feststellungsbescheid Einspruch
einzulegen. Dies wird allerdings in der Praxis allenfalls dann gelingen können,
wenn der Gesellschafter einen wesentlichen Einfluss auf die Kapitalgesellschaft
hat.
Wird ein fehlerhafter Feststellungsbescheid bestandskräftig, weil
er nicht von der Kapitalgesellschaft angefochten worden ist, wirkt sich die
Einlage des Gesellschafters jedenfalls im Fall der Veräußerung oder Aufgabe
seiner Beteiligung an der Kapitalgesellschaft steuerlich vorteilhaft aus; denn
sie mindert dann als nachträgliche Anschaffungskosten den Veräußerungs- bzw.
Aufgabegewinn.
Ein Drittanfechtungsrecht wird mitunter im Steuerrecht anerkannt.
Allerdings handelt es sich dann um einmalige Sachverhalte wie z.B. der
Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft. Hier kann der
einbringende Gesellschafter einen fehlerhaften Wertansatz im
Körperschaftsteuerbescheid der Kapitalgesellschaft anfechten, weil ein
überhöhter Wertansatz seinen Veräußerungserlös erhöht. Im Streitfall ging es
jedoch nicht um einen einmaligen Sachverhalt, sondern der Feststellungsbescheid
über das steuerliche Einlagekonto ist ein Dauersachverhalt, weil die
Feststellung in jedem Jahr erfolgt.
Quelle: BFH, Urteil v. 21.12.2022 – I R 53/19;
NWB