Die von einem Erbbauberechtigten gezahlte Abfindung an einen sog.
		Wohnungsberechtigten, damit dieser auf sein Wohnungsrecht verzichtet und
		auszieht, gehört zu den sofort abziehbaren Werbungskosten bei den Einkünften
		aus Vermietung und Verpachtung, wenn anschließend das Gebäude vermietet wird.
		
Hintergrund: Im Rahmen der
		Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind laufende Ausgaben grundsätzlich
		sofort abziehbare Werbungskosten. Etwas anderes gilt dann, wenn die Ausgaben zu
		aktivieren sind und dann nur über die Nutzungsdauer des Gebäudes abgeschrieben
		werden können oder wenn es sich um Aufwendungen für den nicht abnutzbaren Grund
		und Boden handelt. 
Sachverhalt: Der Kläger war
		Erbbauberechtigter für ein Grundstück in X. Das Grundstück war mit einem sog.
		Wohnungsrecht zugunsten der A belastet. Mit Vertrag vom 19.9.2017 verzichtete A
		gegen Zahlung von 40.000 € auf ihr Wohnungsrecht und verpflichtete sich,
		das Gebäude bis zum 30.11.2017 zu räumen. Der Kläger renovierte das Gebäude
		anschließend und vermietete es. Er machte die Abfindung sowie die Notarkosten
		für die Verzichtsvereinbarung in Höhe von ca. 3.500 € als Werbungskosten
		bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt
		erkannte hingegen nur die Gebäudeabschreibung von 2 % auf 43.500 € an.
		
Entscheidung: Der
		Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt: 
- 
Die Abfindung und die Notarkosten sind keine
aktivierungspflichtigen Aufwendungen, sondern sofort abziehbare Werbungskosten. - 
Denn aufgrund des Verzichts und der Räumung des Gebäudes
konnte der Kläger das Gebäude vermieten und Vermietungseinkünfte erzielen. Der
Kläger hat damit eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung, die sich aufgrund des
Wohnungsrechts ergab, durch eine entgeltliche Nutzungsüberlassung in Gestalt
des neuen Mietvertrags ersetzt. 
Hinweise: In der Vergangenheit
		hat der BFH derartige Abfindungen mitunter als aktivierungspflichtig behandelt,
		weil es bei dem Verzicht auf das Wohnungsrecht darum ging, die insoweit
		bestehende Beschränkung der Eigentümerbefugnis abzulösen. In seinem aktuellen
		Urteil rückt er von dieser Rechtsprechung aber ab und macht deutlich, dass der
		wirtschaftliche Zusammenhang zwischen der Abfindung und den Einkünften aus
		Vermietung und Verpachtung zu bejahen ist, wenn nach der Aufhebung des
		Wohnungsrechts die Immobilie vermietet wird. 
Der aktuelle Fall betrifft einen Erbbauberechtigten. Das Urteil
		dürfte aber für einen „regulären“ Grundstückseigentümer, der eine
		Abfindung an einen Wohnberechtigten zahlt, ebenso gelten. 
Quelle: BFH, Urteil vom 20.9.2022 – IX R 9/21;
		NWB
					