Das Finanzamt darf im Anschluss an eine Außenprüfung eine weitere
Außenprüfung als sog. Anschlussprüfung anordnen und muss dies nicht besonders
begründen. Wird die Außenprüfung nur für ein Prüfungsjahr angeordnet, kann
diese Anordnung ohne weitere Begründung auf bis zu drei Prüfungsjahre erweitert
werden, da ein Prüfungszeitraum von drei Jahren der Regelfall ist.
Hintergrund: Das Finanzamt darf
bei Unternehmern Außenprüfungen durchführen, die im Regelfall drei
Prüfungsjahre umfassen. Wird anschließend eine weitere Prüfung durchgeführt,
spricht man von einer Anschlussprüfung.
Sachverhalt: Die Klägerin war
eine GmbH, die kein Großbetrieb war und daher nicht durchgängig vom Finanzamt
geprüft wurde. Das Finanzamt führte für die Jahre 2002 bis 2004 eine
Außenprüfung durch. Im Jahr 2013 ordnete das Finanzamt eine Außenprüfung für
die Jahre 2008 und 2009 an. Während die Außenprüfung für 2008 und 2009 noch
lief, ordnete das Finanzamt im Dezember 2015 eine Anschlussprüfung für die
Jahre 2010 bis 2012 an. Hiergegen wehrte sich die Klägerin und hatte
hinsichtlich der Anordnung für 2011 und 2012 beim Finanzgericht Erfolg, das die
Prüfungsanordnung für 2011 und 2012 wegen fehlender Begründung für die
Erweiterung auf insgesamt fünf Prüfungsjahre im Februar 2017 aufhob. Im
Dezember 2017 erweiterte das Finanzamt die für 2010 erlassene Prüfungsanordnung
auf die Prüfungsjahre 2011 und 2012; es begründete die Erweiterung mit den bei
der Prüfung für 2008 und 2009 festgestellten Buchführungsmängeln. Die Klägerin
wehrte sich gegen die Prüfungserweiterung auf die Jahre 2011 und 2012 zunächst
durch einen Einspruch und dann durch Klage. Während des Einspruchsverfahrens
schloss das Finanzamt die Außenprüfung für 2008 und 2009 ab.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die gegen die Erweiterung auf die Jahre 2011 und
2012 gerichtete Klage ab:
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Die Prüfungsanordnung für 2010 betraf eine
erste Anschlussprüfung. Denn das Finanzamt
hatte bereits für die Jahre 2008 und 2009 eine Außenprüfung durchgeführt. Es
handelte sich hingegen nicht um eine zweite Anschlussprüfung, da zwischen der
Außenprüfung für die Jahre 2002 bis 2004 und der Außenprüfung für 2008 und 2009
mehrere Jahre lagen. -
Für eine Anschlussprüfung ist keine besondere
Begründung erforderlich. Denn Anschlussprüfungen sind
grundsätzlich zulässig, ohne dass bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein
müssen. Insbesondere ist das Finanzamt nicht verpflichtet, eine
Anschlussprüfung nur in einem bestimmten Turnus oder nach einem zeitlichen
Abstand durchzuführen. -
Die Anschlussprüfung für 2010 durfte auf die Jahre 2011 und
2012 zeitlich erweitert werden. Denn aufgrund der Erweiterung kam es zu einem
Prüfungszeitraum von drei Jahren (2010 bis 2012), der allgemein zulässig ist
und dem Regelfall entspricht. -
Die Erweiterung um die Jahre 2011 und 2012 führte nicht zu
einer Umgehung des Grundsatzes, dass der Prüfungszeitraum drei Jahre nicht
überschreiten soll. Zwar war die Außenprüfung für 2008 und 2009 bei Erlass der
Prüfungsanordnung für 2011 und 2012 noch nicht abgeschlossen, so dass es
zunächst zu einem Prüfungszeitraum von fünf Jahren (2008 bis 2012) kam.
Entscheidend ist aber der Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung; im Zeitpunkt
ihres Erlasses war die Prüfung für 2008 und 2009 bereits
abgeschlossen.
Hinweise: Das Urteil macht
deutlich, dass das Finanzamt beim Erlass einer Prüfungsanordnung für eine
Anschlussprüfung keine besonderen Voraussetzungen beachten muss. Dies dient der
Unvorhersehbarkeit von Außenprüfungen.
Eine zeitliche Erweiterung einer bereits angeordneten Außenprüfung
ist hingegen so lange unproblematisch möglich, wie der Gesamtprüfungszeitraum
drei Jahre nicht übersteigt.
Das Finanzamt durfte die zeitliche Erweiterung auf 2011 und 2012
vornehmen, obwohl das Finanzgericht die vorherige Prüfungsanordnung für 2010
bis 2012 insoweit, d. h. für 2011 und 2012, aufgehoben hatte. Denn die
Aufhebung war wegen der fehlenden Begründung erfolgt, so dass das Finanzamt
nicht gehindert war, eine erneute Prüfungsanordnung, nun aber mit Begründung,
zu erlassen.
Quelle: BFH, Beschluss v. 3.8.2022 – XI R 32/19;
NWB