Die Gewerbesteuerpflicht eines gewerblichen Grundstückshändlers
beginnt frühestens mit dem Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags über die
erste Immobilie. Denn erst dann kann er seine Leistung, d.h. Grundstücke, am
Markt anbieten. Die vor dem Kauf liegende Tätigkeit ist als bloße
Vorbereitungshandlung anzusehen, so dass ein aus den Vorbereitungshandlungen
resultierender Verlust gewerbesteuerlich unbeachtlich ist und nicht mit
späteren Gewinnen verrechnet werden kann.
Hintergrund: Die sachliche
Gewerbesteuerpflicht eines Gewerbebetriebs beginnt, wenn alle tatbestandlichen
Voraussetzungen eines originär gewerblichen oder eines kraft Gesetzes als
gewerblich angesehenen Gewerbebetriebs erfüllt sind. Eine originär gewerbliche
Tätigkeit ist z.B. der Verkauf von Waren. Neben der originär gewerblichen
Tätigkeit gibt es auch eine fingierte bzw. fiktive gewerbliche Tätigkeit, wenn
z.B. eine vermögensverwaltende (z.B. vermietende) GmbH & Co. KG als
Komplementärin eine beschränkt haftende GmbH oder AG hat und nur diese
geschäftsführungsbefugt ist; man spricht dann von einer gewerblich geprägten
GmbH & Co. KG.
Streitfall: Die Klägerin war
eine KG, deren Komplementärin eine AG war, die auch geschäftsführungsbefugt
war. Die KG wurde im Januar 2011 gegründet und war im Grundstückshandel tätig.
Außerdem war im Gesellschaftsvertrag geregelt, dass die Klägerin zur
Finanzierung ihres Gesellschaftszwecks Genussrechtskapital in einer bestimmten
Höhe aufnimmt. Die Klägerin hatte ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.6. bis
zum 31.5. eines Jahres. Im Juni 2012 schloss die Klägerin ihren ersten
Grundstückskaufvertrag ab. Hierfür war sie bereits seit März 2012 aktiv
geworden und hatte sich im März 2012 von einem beauftragten Maklerbüro Exposés
zusenden lassen, im April 2012 das Grundstück besichtigt und im Mai 2012 den
notariellen Kaufvertragsentwurf erhalten. In ihrer Gewerbesteuererklärung für
das Wirtschaftsjahr vom 1.6.2011 bis zum 31.5.2012 erklärte die Klägerin einen
Verlust in Höhe von ca. 1 Mio. €. Der Verlust war insbesondere durch die
Emission von Genussrechten entstanden, z.B. durch Druck- und Prospektkosten
sowie Vertriebskosten. Das Finanzamt erkannte den Verlust nicht an und
begründete dies damit, dass die Gewerbesteuerpflicht erst im Wirtschaftsjahr
2012/2013 (vom 1.6.2012 bis 31.5.2013) begonnen habe.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
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Die sachliche Gewerbesteuerpflicht beginnt mit der Aufnahme
der sog. werbenden Tätigkeit. Der Unternehmer muss also seine Leistungen am
Markt anbieten, z.B. sein Ladenlokal öffnen und die Waren verkaufen. -
Hingegen genügen Vorbereitungshandlungen noch nicht für die
Gewerbesteuerpflicht. Denn sie ermöglichen dem Steuerpflichtigen nicht, seine
Leistung am Markt anzubieten. Zu den Vorbereitungshandlungen gehören etwa die
Beauftragung des Maklers oder die Besichtigung des Objekts. -
Die Klägerin ist im Wirtschaftsjahr vom 1.6.2011 bis zum
31.5.2012 lediglich vorbereitend tätig geworden, da sie das erste Grundstück
erst im Juni 2012 gekauft hat. Damit begann ihre sachliche Gewerbesteuerpflicht
erst im Juni 2012. Im Wirtschaftsjahr vom 1.6.2011 bis 31.5.2012 hat sie
lediglich Vorbereitungshandlungen durchgeführt, z. B. den Makler beauftragt
oder das Grundstück besichtigt. Auch die Ausgabe von Genussrechten war keine
werbende Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Verkauf von Grundstücken. Zwar war
die Aufnahme von Genussrechtskapital im Gesellschaftsvertrag geregelt, aber es
war nicht der Gesellschaftszweck.
Hinweise: Das Urteil hat zur Folge, dass der von der Klägerin
erzielte Verlust des Wirtschaftsjahres 2011/2012 gewerbesteuerlich verloren ist
und nicht mit künftigen Gewinnen verrechnet werden kann. Vorteilhaft wäre das
Urteil des BFH für die Klägerin aber dann gewesen, wenn sie im Wirtschaftsjahr
2011/2012 einen Gewinn erzielt hätte; denn dieser wäre dann nicht
gewerbesteuerpflichtig gewesen. In der Praxis ist allerdings zu
berücksichtigen, dass aus Vorbereitungshandlungen regelmäßig Verluste und nicht
Gewinne entstehen.
Die hier dargestellten Grundsätze zum Beginn der sachlichen
Gewerbesteuerpflicht gelten für Einzelgewerbetreibende wie auch für originär
gewerblich tätige Personengesellschaften. Anders ist dies bei einer gewerblich
geprägten Personengesellschaft, die nur eine vermögensverwaltende Tätigkeit wie
z.B. eine Vermietung ausübt. Hier kommt es für den Beginn des Gewerbebetriebs
grundsätzlich auf die Aufnahme der vermögensverwaltenden Tätigkeit, also z.B.
die Vermietung, an. Die Klägerin war zwar auch gewerblich geprägt; sie war aber
als Grundstückshändlerin in erster Linie originär gewerblich tätig, so dass es
auf ihre gewerbliche Prägung nicht ankam.
Quelle: BFH, Urteil v. 1.9.2022 – IV R 13/20; NWB