Erwirbt ein Steuerpflichtiger einen Anteil an einer vermietenden
(vermögensverwaltenden) Personengesellschaft, hängt seine Abschreibung von
seinen Anschaffungskosten und von der Restnutzungsdauer der einzelnen
Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt seines Erwerbs ab. Soweit der Erwerber auch
Grundstücke miterwirbt, müssen seine Anschaffungskosten neu auf den Grund und
Boden sowie auf das Gebäude aufgeteilt werden, so dass auch die aktuellen
Bodenrichtwerte im Zeitpunkt des Erwerbs berücksichtigt werden.
Hintergrund: Bei einem Erwerb
eines Anteils an einer Personengesellschaft zahlt der Erwerber häufig mehr als
den Betrag laut Kapitalkonto des Veräußerers. Dieser Mehrbetrag wird bei einer
mitunternehmerischen Personengesellschaft, die Gewinneinkünfte erzielt, in
einer sog. Ergänzungsbilanz abgebildet und abgeschrieben.
Streitfall: Die Klägerin war
eine vermietende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung erzielte und daher ihre Einkünfte durch eine
Überschussrechnung, d.h. nach Zu- und Abflussgesichtspunkten, ermittelte. Einer
der Gesellschafter war der A, der zum 31.8.2011 einen Anteil von 16 % an seinen
Bruder B zum Preis von ca. 515.000 € sowie einen Anteil von 34 % an C,
die Ehefrau des B, zum Preis von ca. 1,1 Mio. € verkaufte. Das Vermögen
der Klägerin bestand aus Grundbesitz sowie aus Bankverbindlichkeiten in Höhe
von ca. 2 Mio. €, mit denen der Erwerb der Grundstücke finanziert worden
war. Außerdem hatte die Klägerin noch Bankguthaben in Höhe von ca. 160.000
€. Die Klägerin war der Auffassung, dass zu den Anschaffungskosten des B
und der C auch die Verbindlichkeiten der Klägerin, gemindert um das
Bankguthaben, gehörten. Das Finanzamt legte für die Ermittlung der Abschreibung
jedoch nur den Kaufpreis zuzüglich der Anschaffungskosten zugrunde.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) hat im Grundsatz der Klägerin recht gegeben und die Sache
an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Sachverhaltsaufklärung
zurückverwiesen:
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Auf der Ebene der Gesellschaft, d.h. der Klägerin, bemisst
sich die Abschreibung nach den ursprünglichen Anschaffungskosten für die
Gebäude. Dies gilt auch dann, wenn später ein Anteil an der Klägerin übertragen
wird. Die Abschreibung auf der Gesellschaftsebene bleibt trotz der
Anteilsübertragung unverändert. -
Der Erwerber, der für seinen Anteil einen Kaufpreis gezahlt
hat, kann seine Abschreibung nur nach Maßgabe seiner Anschaffungskosten und
nach der Restnutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des
Anteilserwerbs in Anspruch nehmen. Seine Anschaffungskosten weichen in der
Regel von den Anschaffungskosten eines Gründungsgesellschafters ab. -
Selbst wenn die Anschaffungskosten des Neu-Gesellschafters von
den Anschaffungskosten eines Gründungsgesellschafters abweichen, kann er die
bisherige Abschreibung nicht einfach fortsetzen; denn die Restnutzungsdauer des
jeweiligen Wirtschaftsguts hat sich nun gemindert. Insoweit gilt für den
Erwerber eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft
nichts anderes als für den Erwerber eines Anteils an einer mitunternehmerisch
tätigen Personengesellschaft, die Gewinneinkünfte erzielt. -
Der Erwerber wird daher so behandelt, als hätte er die
Wirtschaftsgüter anteilig direkt erworben. Anders ist dies nur, wenn er seinen
Anteil unentgeltlich erworben hat. Dann führt er die bisherige Abschreibung
fort. -
Die von B und C mitübernommenen Bankverbindlichkeiten erhöhen
die Anschaffungskosten von B und C. Denn sie sind Teil der jeweiligen
Gegenleistung des B und C und lassen sich dem Grundbesitz zuzuordnen. -
Soweit die Anschaffungskosten von B und C höher sind als der
jeweilige Buchwert der verkauften Anteile, ist dieser Mehrbetrag den
Wirtschaftsgütern des Vermögens der Klägerin zuzuordnen, und zwar nach dem
Verhältnis der in ihnen ruhenden stillen Reserven. Dies erfordert eine
Einzelbewertung sowie eine erneute Aufteilung der anteiligen Anschaffungskosten
auf den nicht abschreibbaren Grund und Boden sowie auf das abschreibbare
Gebäude. Für den sich danach ergebenden Betrag für das abschreibbare Gebäude
ist die Restnutzungsdauer des Gebäudes im Zeitpunkt des Anteilserwerbs zu
ermitteln.
Hinweise: Der BFH hat die Sache
zur weiteren Berechnung an das FG zurückverwiesen. Dieses muss nun die
Anschaffungskosten von B und C auf die einzelnen Wirtschaftsgüter (Gebäude
sowie Grund und Boden) verteilen und dabei auch die Anschaffungskosten auf den
Grund und Boden sowie auf das Gebäude neu aufteilen.
Auf das Bankguthaben entfällt kein Mehrbetrag, da im Bankguthaben
keine stillen Reserven vorhanden sind.
Im Ergebnis gelten nach dem aktuellen BFH-Urteil für den Erwerb
eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft, z.B. an
einem geschlossenen Immobilienfonds, die gleichen Grundsätze wie für den Erwerb
eines Anteils an einer mitunternehmerischen Personengesellschaft, die
Gewinneinkünfte (z.B. Einkünfte aus Gewerbebetrieb) erzielt.
Quelle: BFH, Urteil v. 3.5.2022
– IX R 22/19; NWB