Die gesetzliche Beschränkung des Schuldzinsenabzugs setzt nicht nur
bei der Bilanzierung, sondern auch bei der Einnahmen-Überschussrechnung eine
periodenübergreifende Ermittlung der Überentnahmen voraus. Der sich danach
ergebende Überentnahmebetrag ist bei der Einnahmen-Überschussrechnung nicht auf
ein vereinfacht ermitteltes negatives Kapitalkonto zu begrenzen.
Hintergrund: Betrieblich
veranlasste Schuldzinsen sind nur eingeschränkt als Betriebsausgaben absetzbar.
Die Abzugsbeschränkung greift, falls der Unternehmer sog. Überentnahmen
getätigt hat, d.h. mehr Entnahmen getätigt hat, als er an Gewinn erzielt und an
Einlagen erbracht hat. Bei der Bilanzierung werden die Überentnahmen seit dem
1.1.1999 periodenübergreifend ermittelt, so dass die seit diesem Zeitpunkt
ermittelten Gewinne und getätigten Einlagen und Entnahmen saldiert werden.
Streitfall: Der Kläger war
Architekt und ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung. Er
hatte in den drei Streitjahren 2010, 2011 und 2013 betriebliche Zinsen
aufgewendet. Zum 31.12.2009 ergab sich ein Überentnahmesaldo von mehr als
130.000 € zulasten des Klägers. Im Streitjahr 2010 ergab sich für den
Kläger ein Einlagenüberhang zu seinen Gunsten von ca. 19.000 € und im
Streitjahr 2013 ein Einlageüberhang von ca. 36.000 €. Im weiteren
Streitjahr 2011 hatte der Kläger jedoch Überentnahmen von ca. 58.000 €
getätigt. Das Finanzamt beschränkte in den drei Jahren 2010, 2011 und 2013 den
abziehbaren Zinsaufwand. Hiergegen wandte sich der Kläger.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies seine Klage ab:
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Die Voraussetzungen für die Beschränkung des Zinsaufwands
lagen vor. Denn der Kläger hatte Überentnahmen getätigt. Dabei kommt es nicht
auf die Überentnahmen in den jeweiligen Streitjahren an, sondern auf den
Saldo aus Gewinn, Einlagen und Entnahmen seit dem
. Ob Überentnahmen vorliegen, wird nämlich
periodenübergreifend ermittelt. Die Zinsen sind also auch nur dann beschränkt
abziehbar, wenn im Wirtschaftsjahr selbst keine Überentnahmen getätigt wurden,
jedoch ein Überentnahme-Saldo aus den
Vorjahren vorhanden ist, der höher ist als der Gewinn und die
Einlagen des laufenden Wirtschaftsjahres. -
Der Grundsatz der periodenübergreifenden Ermittlung gilt nicht
nur bei der Bilanzierung, sondern auch bei der Einnahmen-Überschussrechnung.
Die gesetzliche Beschränkung des abziehbaren Zinsaufwands ist nämlich nach dem
Gesetz sinngemäß auch auf die Einnahmen-Überschussrechnung anwendbar. -
Entgegen der Auffassung des Klägers kann der
Überentnahmebetrag nicht auf ein – vereinfacht ermitteltes –
negatives Eigenkapital begrenzt werden. Die Ermittlung eines derartigen
Eigenkapitals wäre mit dem Vereinfachungszweck der Einnahmen-Überschussrechnung
und der gesetzlichen Abzugsbeschränkung nicht zu vereinbaren.
Hinweise: Der BFH macht
deutlich, dass ein Einnahme-Überschussrechner bei der Ermittlung des
abziehbaren Zinsaufwands ebenso den Grundsatz der periodenübergreifenden
Ermittlung der Überentnahmen beachten muss wie ein Bilanzierer. Zwar kann der
abziehbare Zinsaufwand eines Einnahmen-Überschussrechners von dem abziehbaren
Zinsaufwand eines Bilanzierers abweichen; dies ergibt sich aber schon daraus,
dass der Gewinn, der den Überentnahme-Saldo beeinflusst, anders ermittelt wird.
Eine Begrenzung des Überentnahmebetrags auf einen fiktiven
negativen Eigenkapitalbetrag lehnt der BFH bei der Einnahmen-Überschussrechnung
ab. Denn dies würde die Erstellung einer „Schattenbilanz“
verlangen und damit zu einer weiteren Verkomplizierung führen.
Die gesetzliche Abzugsbeschränkung für Zinsen gilt nicht für sog.
Investitionszinsen, d.h. Zinsen für die Finanzierung von
Anlagevermögen.
Quelle: BFH, Urteil v. 17.5.2022
– VIII R 38/18; NWB