Allein die Beteiligung einer
Ober-Personengesellschaft an einer grundbesitzenden Unter-Personengesellschaft
genügt nicht für die Zurechnung der Grundstücke der Unter-Personengesellschaft
auf die Ober-Personengesellschaft. Erforderlich ist vielmehr, dass die
Ober-Personengesellschaft das Grundstück im Wege einer grunderwerbsteuerbaren
Anteilsübertragung erworben hat.
Hintergrund: Werden an
einer grundbesitzenden Personengesellschaft innerhalb von zehn Jahren
mindestens 90 % der Anteile mittelbar oder unmittelbar auf neue Gesellschafter
übertragen, entsteht Grunderwerbsteuer. Bis zum 30.6.2021 entstand
Grunderwerbsteuer nur dann, wenn innerhalb von fünf Jahren mindestens 95 % der
Anteile auf neue Gesellschafter übertragen wurden.
Streitfall: Die Klägerin
war eine GmbH & Co. KG, an der die A-KG als Kommanditistin zu 100 %
beteiligt war und hinter der der A stand. Die Klägerin war
Alleingesellschafterin der X-AG, die seit 1994 Grundstücke hielt. Im Jahr 2011
verkaufte A seine Beteiligung von 100 % an der Klägerin an die A-Lux, eine
luxemburgische Personengesellschaft. Alleiniger Gesellschafter der A-Lux war
wiederum der A. Im Jahr 2013 verkaufte die Klägerin 5,1 % der Anteile an der
X-AG an die B-Lux, eine luxemburgische Kapitalgesellschaft, deren
Alleingesellschafterin die A-Lux war. Das Finanzamt behandelte die
Anteilsübertragung im Jahr 2011 als grunderwerbsteuerbar.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
-
Die Anteilsübertragung im Jahr
2011 war nicht grunderwerbsteuerbar. Nach der im Jahr 2011 geltenden Rechtslage
hätten innerhalb von fünf Jahren mindestens 95 % der Anteile an einer
grundbesitzenden Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar auf neue
Gesellschafter übertragen werden müssen. -
Die Klägerin selbst, deren
Anteile zu 100 % auf die A-Lux übertragen wurden, hielt keine Grundstücke. Sie
war aber an der X-AG beteiligt, die Grundstücke besaß. Diese Grundstücke
konnten der Klägerin allerdings nicht ohne Weiteres zugerechnet werden.
Erforderlich hierfür wäre gewesen, dass die Klägerin als Obergesellschaft die
Grundstücke aufgrund eines Erwerbsvorgangs in Gestalt einer Anteilsübertragung
erworben hat. Allein die Beteiligung der Klägerin als Obergesellschaft an der
X-AG als Untergesellschaft führt nicht zu einer Zurechnung der Grundstücke der
X-AG zum grunderwerbsteuerlichen Vermögen der Klägerin. Die Klägerin hat
hinsichtlich der 1994 von der X-AG erworbenen Grundstücke keinen
grunderwerbsteuerlichen Erwerbsvorgang verwirklicht.
Hinweise:
Grunderwerbsteuerbar ist auch die Erlangung der wirtschaftlichen
Verwertungsbefugnis an einem Grundstück, z.B. durch den Treugeber, wenn der
Treuhänder für ihn ein Grundstück erwirbt. Die Klägerin hatte aber keine
Einwirkungsmöglichkeiten auf die Grundstücke der X-AG.
Für Unternehmen mit doppel- oder
mehrstöckigen Personengesellschaftsstrukturen ist das Urteil erfreulich. Denn
der BFH lässt allein das Bestehen einer Beteiligung nicht ausreichen, damit ein
Grundstück der Unter-Personengesellschaft der Ober-Personengesellschaft
zugerechnet werden kann. Erforderlich ist vielmehr ein grunderwerbsteuerbarer
Vorgang aufseiten der Obergesellschaft, der dazu geführt hat, dass ihr das
Grundstück grunderwerbsteuerlich zugerechnet werden kann. Dieser Vorgang wird
– bei doppel- bzw. mehrstöckigen Beteiligungen – eine
grunderwerbsteuerbare Anteilsübertragung sein.
Quelle: BFH, Urteil v.
1.12.2021 – II R 44/18; NWB