Die Miete für einen Messestand ist bei der Gewerbesteuer nicht dem
Gewerbeertrag hinzuzurechnen, wenn die Teilnahme an der Messe für die
unternehmerische Tätigkeit nicht zwingend erforderlich ist, weil der
Unternehmer keinen Direktvertrieb unterhält, sondern seine Produkte durch ein
stehendes Händlernetz verkauft.

Hintergrund: Gewerbesteuerlich
werden bestimmte Aufwendungen dem Gewinn wieder hinzugerechnet. So wird z.B.
ein Viertel der Hälfte (d. h. 12,5 %) der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich
Leasingraten) für die Benutzung von Grundstücken hinzugerechnet. Allerdings
wird seit 2020 ein Freibetrag von 200.000 € gewährt (bis einschließlich
2019: 100.000 €). Die Regelungen zur Hinzurechnung bezwecken, dass
individuelle unternehmerische Entscheidungen, Anlagevermögen nicht zu erwerben,
sondern zu mieten, die Höhe der Gewerbesteuerschuld nicht beeinflussen
sollen.

Streitfall: Die Klägerin
produzierte Waren. Sie verkaufte ihre Produkte nicht im Direktbetrieb, sondern
durch ein stehendes Händlernetz. In den Jahren 2009 bis 2011 mietete sie auf
mehreren Messen Messestände an, um ihre Produkte zu präsentieren. Ihre
jährlichen Aufwendungen hierfür betrugen zwischen 78.000 € und 105.000
€. Das Finanzamt rechnete die Aufwendungen im Anteil von 12,5 % dem
Gewerbeertrag hinzu; der damals gültige Freibetrag von 100.000 € war
bereits durch andere Hinzurechnungen aufgebraucht worden.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer setzt u.a. voraus,
    dass das angemietete Grundstück zum Anlagevermögen gehören würde, wenn es im
    Eigentum des Unternehmers stünde, sog. fiktionales Anlagevermögen.

  • Zum fiktionalen Anlagevermögen gehört ein angemietetes
    Wirtschaftsgut, wenn der Geschäftszweck das dauerhafte
    Vorhandensein des Wirtschaftsguts erfordert
    .

  • Für die Klägerin war es nicht erforderlich, dass sie dauerhaft
    einen Messestand unterhält. Denn sie unterhielt für den Verkauf ihrer Produkte
    keinen Direktvertrieb, sondern nutzte ein stehendes
    Händlernetz
    . Die Teilnahme an den Messen war für die Klägerin
    nur förderlich, führte aber nicht dazu, dass die angemieteten Messestände zum
    fiktionalen Anlagevermögen gehörten. Eine Hinzurechnung kam daher nicht in
    Betracht.

Hinweise: Die Kontrollfrage für
die Prüfung der Zugehörigkeit zum fiktionalen Anlagevermögen lautet dem BFH
zufolge: Lässt sich die Tätigkeit des Unternehmers – unterstellt, dass er
Eigentümer des Wirtschaftsguts ist – wirtschaftlich nur dann sinnvoll
ausüben, wenn er das Eigentum an dem Wirtschaftsgut langfristig erworben hat?
Falls diese Frage zu bejahen ist, kommt es zu einer gewerbesteuerlichen
Hinzurechnung.

Aktuell neigt der BFH verstärkt dazu, die Zugehörigkeit zum
fiktionalen Anlagevermögen eher zu verneinen und damit eine Hinzurechnung
abzulehnen. Es bleibt aber in vielen Fällen sehr einzelfallabhängig, ob es zu
einer Hinzurechnung kommt. Hätte die Klägerin einen Direktvertrieb unterhalten,
wäre die Hinzurechnung wohl bejaht worden.

BFH, Beschluss v. 23.3.2022 – III R 14/21; NWB

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