Wird aufgrund der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags eine
Schlussrechnung erstellt, ist der Rechnungsbetrag nur insoweit umsatzsteuerbar,
als er auf bereits erbrachte Leistungsteile entfällt. Der verbleibende Betrag
ist grundsätzlich Schadensersatz und unterliegt daher nicht der Umsatzsteuer.
Etwas kann anderes kann aber gelten, soweit es nicht um Schadensersatz, sondern
um eine Abfindung für den Verzicht auf eine günstige Rechtsposition handelt.
Hintergrund: Das Entgelt für
eine Leistung unterliegt der Umsatzsteuer. Echter Schadensersatz ist hingegen
nicht umsatzsteuerbar.
Sachverhalt: Der Kläger war
Landschaftsarchitekt. Im Jahr 2012 schloss er einen Vertrag mit einem Landkreis
über die Gestaltung von Grünflächen an einer Schule im Zeitraum bis 2015. Im
Fall einer Kündigung sollte der Kläger das vereinbarte Gesamthonorar erhalten,
das jedoch um die ersparten Aufwendungen, die pauschaliert zu ermitteln waren,
zu kürzen war. Noch vor Beendigung des Vertrags teilte der Landkreis dem Kläger
mit, dass der Vertrag aus finanziellen Gründen nicht mehr beendet werden könne.
Der Kläger erstellte am 2.1.2017 eine Abschlussrechnung, aus der sich ein
Gesamtbetrag von ca. 309.000 € und eine Abschlusszahlung von etwa
276.000 € ergaben. Erst danach, nämlich am 28.2.2017, wurde der Vertrag
gekündigt, wobei nicht klar ist, ob der Kläger oder der Landkreis die Kündigung
ausgesprochen hat. Im März 2017 einigten sich der Kläger und der Landkreis auf
die Zahlung eines Honorars in Höhe von ca. 22.000 € für tatsächlich
erbrachte Leistungen sowie eines Ausfallshonorars in Höhe von ca. 52.000
€, das ohne Umsatzsteuer berechnet werden sollte. Nach Auffassung des
Finanzamts war auch das Ausfallhonorar umsatzsteuerbar und -pflichtig.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zurück:
-
Der Umsatzsteuer unterliegt nur das Entgelt für eine Leistung.
Entschädigungen oder Schadensersatzzahlungen sind grundsätzlich kein Entgelt,
weil der Unternehmer insoweit keine Leistung ausgeführt hat. -
Daher ist ein Ausfallhonorar, das aufgrund der Kündigung oder
Auflösung des Vertrags gezahlt wird, ohne dass die Leistung erbracht worden
ist, kein Entgelt und nicht umsatzsteuerbar. -
Im Streitfall ist nicht klar, ob es sich bei dem Betrag in
Höhe von 52.000 € tatsächlich um ein Ausfallhonorar handelte. Der Kläger
könnte nämlich auch eine Abfindung dafür erhalten haben, dass er auf eine für
ihn günstige vertragliche Rechtsposition verzichtet. Eine derartige Abfindung
wäre umsatzsteuerbar.
Hinweise: Das FG muss nun
aufklären, ob und inwieweit der Kläger noch tatsächlich Leistungen erbracht
hat, für die das Ausfallhonorar gezahlt worden sein könnte. Die Grundlagen für
den Vergleich im März 2017 waren nämlich nicht eindeutig erkennbar.
Außerdem muss es prüfen, ob der Kläger möglicherweise auf eine für
ihn günstige Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet hat; das Ausfallhonorar
wäre dann als Abfindung umsatzsteuerbar. Hierbei könnte eine Rolle spielen, ob
der Kläger oder der Landkreis den Vertrag gekündigt hat. Sollte der Kläger
gekündigt haben, wäre dies ein Indiz dafür, dass der Kläger keine
vermögenswerte Rechtsposition mehr gehabt hat, auf die er gegen Entgelt hätte
verzichten können; das „Ausfallhonorar“ wäre dann nicht
umsatzsteuerbar.
Sollte die Aufteilung der Abschlusszahlung in zwei Bestandteile
– Honorar für erbrachte Leistungen und Ausfallhonorar für nicht erbrachte
Leistungen – nur dazu gedient haben, die Umsatzsteuer für einen
Teilbetrag, nämlich das Ausfallhonorar, zu vermeiden, wäre nach dem BFH der
Gesamtbetrag von ca. 74.000 € der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Auch dies
ist vom FG noch zu prüfen.
BFH, Urteil v. 26.8.2021 – V R 13/19; NWB