Der Wechsel vom individuellen Einkommensteuertarif zur
Abgeltungsteuer für die Einkünfte aus Kapitalvermögen führt zu einer Minderung
der Kirchensteuer, so dass auch der Sonderausgabenzug für die Kirchensteuer zu
mindern ist. Diese Minderung des Sonderausgabenabzugs erfolgt in demjenigen
Veranlagungszeitraum, in dem der aufgrund des Wechsels zur Abgeltungsteuer
geänderte Einkommen- und Kirchensteuerbescheid wirksam wird.
Hintergrund: Die Kirchensteuer
ist grundsätzlich als Sonderausgabe abziehbar. Kirchensteuererstattungen
mindern den Sonderausgabenabzug (s. auch Hinweis unten). Die Kirchensteuer
bemisst sich nach einem – je nach Bundesland und Konfession
unterschiedlichen – Prozentsatz, der auf die Einkommensteuer angewendet
wird. Erzielt der Steuerpflichtige Kapitaleinkünfte, unterliegen diese
grundsätzlich der Abgeltungsteuer. In diesem Fall wird die Kirchensteuer als
Zuschlag auf die Abgeltungsteuer erhoben, und ein Sonderausgabenabzug ist nicht
möglich.
Sachverhalt: Die Kläger sind
kirchensteuerpflichtige Eheleute und erzielten im Zeitraum 2009 bis 2013 u.a.
Einkünfte aus Kapitalvermögen, die zunächst dem individuellen Steuersatz der
Kläger unterlagen, da die Ehefrau der vom Ehemann beherrschten GmbH ein
verzinsliches Darlehen gewährt hatte. Im Jahr 2015 beantragten die Kläger die
Änderung der Einkommen- und Kirchensteuerbescheide für 2009 bis 2013 mit der
Begründung, auf die Kapitaleinkünfte sei die Abgeltungsteuer anwendbar. Das
Finanzamt erließ daraufhin noch im Jahr 2015 geänderte Bescheide für 2009 bis
2013, in denen die Einkommen- und Kirchensteuer gemindert wurden. Insgesamt
ergab sich eine Kirchensteuerminderung von 3.715 €. Die Kläger zahlten
im Streitjahr 2015 eine Kirchensteuer von 6.144 €. Das Finanzamt
berücksichtigte für 2015 nur eine Kirchensteuer in Höhe von 2.429 €
(6.144 € – 3.715 €). Die Kläger wehrten sich gegen die Kürzung
des Sonderausgabenabzugs.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
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Durch den Wechsel des Besteuerungssystems für die
Kapitaleinkünfte im Zeitraum 2009 bis 2013 vom individuellen Steuersatz zur
Abgeltungsteuer kam es zu einer Minderung der Einkommensteuer sowie der
Kirchensteuer. Denn die Kapitaleinkünfte sind mit der Abgeltungsteuer
abgegolten und erhöhen nicht mehr die Einkommensteuer, die zugleich die
Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer ist; dadurch mindert sich auch die
Kirchensteuer. -
Diese Minderung ist beim Sonderausgabenabzug für 2015 zu
berücksichtigen; denn die Minderung der Kirchensteuer ist im Jahr 2015
eingetreten, als die Änderungsbescheide für 2009 bis 2013 wirksam wurden. -
Würde der Sonderausgabenabzug nicht
gemindert, käme es zu einer Doppelbegünstigung der Kläger.
Denn dann könnten sie die Kirchensteuer für den Zeitraum 2009 bis 2013 in der
ursprünglichen Höhe als Sonderausgabe geltend machen und würden von der
nachträglichen Minderung der Kirchensteuer profitieren.
Hinweise: Die Kirchensteuer
kann, soweit sie als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer oder als Zuschlag auf die
Abgeltungsteuer gezahlt wird, deshalb nicht als Sonderausgabe abgezogen werden,
weil es sich bei der Kapitalertrag- und Abgeltungsteuer um günstige
Steuertarife von jeweils 25 % handelt. Neben der Ermäßigung des Steuertarifs
bedarf es deshalb keiner weiteren Entlastung in Gestalt eines
Sonderausgabenabzugs.
Als Sonderausgaben abziehbar sind die vom Arbeitgeber einbehaltene
Lohnkirchensteuer, Kirchensteuernachzahlungen, die sich aus Steuerbescheiden
ergeben, sowie Vorauszahlungen zur Kirchensteuer. Von der sich danach
ergebenden Summe wird die in diesem Jahr erstattete Kirchensteuer abgezogen,
unabhängig davon, welchen Veranlagungszeitraum die Erstattung betrifft.
BFH, Urteil vom 16.3.2021 – X R 23/19; NWB