Die Beteiligung eines minderjährigen Kindes an einer Betriebs-GmbH
im Rahmen einer Betriebsaufspaltung kann dem ebenfalls beteiligten Elternteil
nicht zugerechnet werden, wenn für das Kind ein Ergänzungspfleger bestellt ist
und der Ergänzungspfleger auch die Gesellschafterrechte des Kindes wahrnimmt.
Eine Betriebsaufspaltung besteht daher nur dann, wenn das Elternteil selbst die
Betriebs-GmbH beherrscht, indem es dort die Stimmenmehrheit innehat.
Hintergrund: Eine
Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn ein Unternehmen, das sog.
Besitzunternehmen, einem anderen Unternehmen, der sog. Betriebsgesellschaft,
wesentliche Betriebsgrundlagen vermietet bzw. verpachtet, so dass eine
sachliche Verflechtung besteht, und wenn zwischen beiden Unternehmen zusätzlich
eine personelle Verflechtung besteht, d.h. eine Person oder Personengruppe in
beiden Unternehmen ihren Willen durchsetzen kann. Die Betriebsaufspaltung führt
dazu, dass das Besitzunternehmen gewerbliche Einkünfte erzielt und somit der
Gewerbesteuer unterliegt.
Sachverhalt: Die Klägerin war
die Witwe des V und Alleineigentümerin eines Grundstücks, das sie an die A-GmbH
verpachtete. Alleingesellschafter der A-GmbH war bis zu seinem Tod im Januar
2010 der V gewesen. Die Erben des V waren die Klägerin zu ½ und ihre beiden
Kinder K1 und K2 zu jeweils ¼. K2 war im Jahr 2010 noch minderjährig; für K2
wurde im Juni 2010 ein Ergänzungspfleger bestellt, der u.a. die
Gesellschafterrechte des K2 wahrnahm. Für Beschlüsse bei der A-GmbH genügte die
einfache Stimmenmehrheit. Das Finanzamt ging von einer Betriebsaufspaltung
zwischen der Klägerin und der A-GmbH aus und erfasste die Verpachtungseinkünfte
der Klägerin im Streitjahr 2010 als gewerbliche Einkünfte.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) verneinte eine Betriebsaufspaltung und gab der Klage
statt:
-
Zwar bestand zwischen der Klägerin und der A-GmbH eine
sachliche Verflechtung, da die Klägerin der
A-GmbH das Betriebsgrundstück und damit eine wesentliche Betriebsgrundlage
verpachtet hatte. -
Es fehlte aber die personelle
Verflechtung. Denn die Klägerin als alleinige Eigentümerin
des Grundstücks beherrschte nicht die A-GmbH. Hierzu hätte sie die
Stimmrechtsmehrheit benötigt. Sie hatte jedoch nur 50 % der Stimmrechte. Fehlt
die Stimmrechtsmehrheit, genügt es für die personelle Verflechtung nicht, dass
die Klägerin Geschäftsführerin der A-GmbH war. -
Der Klägerin konnten die Stimmrechte ihres minderjährigen
Kindes K2 auch nicht zugerechnet werden. Denn die Klägerin und K2 verfolgten
keine gleichgerichteten Interessen, da die Stimmrechte des K2 durch den
Ergänzungspfleger ausgeübt wurden. -
Zwar kann eine personelle Verflechtung auch im Fall einer
faktischen Beherrschung der A-GmbH gegeben sein. Hierfür hätte die Klägerin
aber in der Lage sein müssen, aus wirtschaftlichen Gründen Druck auf K2
auszuüben. Dieser Druck war nicht möglich, weil K2 durch den Ergänzungspfleger
vertreten wurde.
Hinweise: Der Tod des V hätte
beinahe zur Entstehung einer Betriebsaufspaltung geführt. Dass diese nicht
zustande kam, lag daran, dass die Klägerin lediglich 50 % der Anteile an der
A-GmbH hielt und nicht mehr als 50 %. Bei der Erbfolgeplanung sollte deshalb
darauf geachtet werden, dass im Fall des Todes eines Ehegatten nicht
unfreiwillig eine Betriebsaufspaltung entsteht oder unfreiwillig eine bereits
bestehende Betriebsaufspaltung beendet wird, so dass die stillen Reserven
versteuert werden müssen.
BFH, Urteil v. 14.4.2021 – XI R 5/19; NWB