Das Amtsgericht München gab der Klage einer Münchner Vermieterin
gegen eine Münchner Modeboutique auf Zahlung eines ausstehenden Mietanteils
statt. Es liegt zwar eine Störung der Geschäftsgrundlage vor, jedoch
rechtfertigt nicht jede einschneidende Veränderung der gemeinsamen
Vorstellungen eine Vertragsanpassung.

Sachverhalt: Die Beklagte
ist seit 1.1.2001
Mieterin eines Ladens von ca. 78 qm Verkaufs- und ca. 6 qm Nebenfläche in
München-Schwabing und betreibt dort eine Mode-Boutique. Im Jahr 2020 belief
sich der monatliche Mietzins auf 4.469,64 € brutto zuzüglich
Betriebskostenvorauszahlung i. H. von 285,60 €. Die Beklagte kündigte
der Klägerin mit E-Mail vom
23.3.2020 an,
wegen der Schließungsanordnung von Bekleidungsgeschäften im Rahmen der COVID 19
– Pandemie für den Monat April 2020 lediglich einen Mietzins i. H. von 50 % zu
bezahlen. Die Klägerin widersprach der angekündigten Kürzung. Die Beklagte
kürzte die Miete im April 2020 dennoch um einen Betrag in Höhe von 2.234,82
€.

Die Schließung wurde von
17.3.2020 mit
26.4.2020
angeordnet. Die Klägerin macht geltend, der Beklagten stehe aus keinem
rechtlichen Gesichtspunkt ein Mietkürzungsrecht zu. Die Beklagte ist der
Auffassung, es liege aufgrund der Schließungsanordnung ein Fall der rechtlichen
Unmöglichkeit vor, da der Laden nicht geöffnet werden durfte. Deswegen sei die
Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum von der Zahlung der vereinbarten
Miete völlig befreit gewesen. Jedenfalls aber könne sie aus dem Gesichtspunkt
der Störung der Geschäftsgrundlage eine Vertragsanpassung dahingehend
verlangen, dass die Miete sich um 50 % reduziere.

Das Amtsgericht
München begründet das Urteil u.a. wie folgt:

  • Ein Mangel, der zur Minderung
    berechtigte, ist nicht gegeben. Der Vermieter hat nämlich grundsätzlich dem
    Mieter nur die Möglichkeit des Gebrauchs zu verschaffen und die Mietsache in
    einem dem Verwendungszweck entsprechenden Zustand zu erhalten. Der Vermieter
    schuldet demnach nur die Überlassung der für den Betrieb der notwendigen Räume,
    nicht aber die Überlassung des Betriebs selbst. Die erfolgreiche Nutzung
    hingegen gehört zum Verwendungszweck des Mieters. Überdies begründen nach
    ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung öffentlich-rechtliche
    Gebrauchshindernisse nur dann einen Sachmangel, wenn sie unmittelbar auf der
    konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen. Ist die Mietsache weiter zur
    Nutzung grundsätzlich geeignet und nur der geschäftliche Erfolg des Mieters
    betroffen, realisiert sich das vom Mieter zu tragende Verwendungsrisiko. Die
    Mietsache war trotz der Schließungsanordnung weiterhin zum vereinbarten
    Betriebszweck geeignet wie vor der behördlichen Anordnung.

  • Es liegt zwar eine
    Störung der Geschäftsgrundlage vor, da beide
    Parteien bei Vertragsschluss wohl vorausgesetzt haben, dass es nicht zu einer
    globalen Pandemie mit Betriebsschließungen kommt. Nicht jede einschneidende
    Veränderung der gemeinsamen Vorstellungen rechtfertigt eine Vertragsanpassung.
    Zu beachten ist, dass grundsätzlich der Mieter das
    Verwendungsrisiko trägt.
    Ferner muss berücksichtigt werden,
    dass jeder Mieter die Krise anders bewältigt und auch gehalten ist,
    Kompensationsmaßnahmen zu kreieren, z.B. durch vorgezogene
    Instandhaltungsarbeiten oder Onlinehandel, bevor er eine Anpassung des
    Vertrages verlangen kann.
    Auch muss bedacht werden, dass der
    Staat umfangreiche Hilfspakete zur Abwendung
    wirtschaftlicher Not geschnürt hat, die Umsatzsteuer gesenkt hat und auch
    Kurzarbeitergeld für Angestellte in Betracht kommt. Die Beklagte hat lediglich
    vorgetragen, es sei zu einem totalen Umsatzausfall gekommen. Ein Onlineshop sei
    nicht vorhanden. Dies allein ist nicht ausreichend. Ein
    gesundes Unternehmen kann in der Regel einen Umsatzausfall von fünf Wochen
    verkraften.
    Das Gericht geht davon aus, dass für eine
    Vertragsanpassung das Vorhandensein von geänderten Umständen während mindestens
    eines Zeitraums von ca. 3 Monaten erforderlich
    wäre.
    Dieser Richtwert ist vorliegend bei weitem nicht
    erreicht.

Hinweis: Das Urteil ist nach
Berufungsrücknahme rechtskräftig.

AG München, Urteil v. 15.12.2020 – 420 C 8432/20, Pressemitteilung
v. 13.8.2021; NWB

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