Wird eine GmbH auf ihren Alleingesellschafter mit Rückwirkung auf
		einen Zeitpunkt verschmolzen, an dem noch ein anderer Gesellschafter beteiligt
		war, der im Rückwirkungszeitraum jedoch verstorben ist, ist der Übernahmegewinn
		nur dem Alleingesellschafter zuzurechnen. Eine anteilige Zurechnung des
		Übernahmegewinns beim verstorbenen Gesellschafter scheidet aus, weil er
		aufgrund seines Todes am Tag des Verschmelzungsbeschlusses nicht mehr an der
		GmbH beteiligt ist. 
Hintergrund: Das Vermögen einer
		GmbH kann durch Verschmelzung auf ihren Alleingesellschafter übertragen werden.
		Steuerlich und auch handelsrechtlich kann eine Verschmelzung unter bestimmten
		Voraussetzungen rückwirkend erfolgen, und zwar nach der bis einschließlich 2019
		geltenden Rechtslage acht Monate rückwirkend. 
Streitfall: Der Kläger war
		ursprünglich zu 48 % an einer GmbH beteiligt; die restlichen Anteile von 52 %
		hielt sein Vater V. V verstarb am 15.9.2005. Der Kläger war nicht Erbe, erhielt
		aber aufgrund eines Vermächtnisses die Anteile des V und war damit
		Alleingesellschafter der GmbH. Erben des V wurden der B, der Bruder des
		Klägers, und die Mutter des Klägers. Anfang 2006 wurde die GmbH auf den Kläger
		rückwirkend zum 1.9.2005 verschmolzen, also auf einen Tag, an dem V noch lebte
		und mit 52 % an der GmbH beteiligt war. Aufgrund der Verschmelzung entstand ein
		Übernahmegewinn, den der Kläger nur zu 48 %, seiner Beteiligungsquote am
		1.9.2005, versteuern wollte. Das Finanzamt setzte den Übernahmegewinn hingegen
		in voller Höhe als gewerbliche Einkünfte des Klägers im Jahr 2005 an. 
Entscheidung: Der
		Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: 
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Zwar kann eine Verschmelzung steuerlich mit Rückwirkung
erfolgen. Diese Rückwirkung gilt aber nur für die beteiligten Rechtsträger, die
aufeinander verschmolzen werden, nicht jedoch für ausgeschiedene
Gesellschafter. - 
Im Streitfall gilt die steuerliche Rückwirkung also nur für
die GmbH als übertragenden Rechtsträger und für den Kläger als übernehmenden
Rechtsträger, nicht aber für den V als früheren Gesellschafter, der am Tag des
Verschmelzungsbeschlusses nicht mehr an der GmbH beteiligt war. - 
Der infolge der Verschmelzung entstandene Übernahmegewinn ist
allein dem Kläger zuzurechnen. Dies gilt nicht nur für den Übernahmegewinn,
soweit er auf die Beteiligung des Klägers in Höhe von 48 % entfällt, sondern
auch für den Teil des Übernahmegewinns, der bis zum 15.9.2005 (Todestag des V)
dem V zuzurechnen war. 
Hinweise: Der BFH macht
		deutlich, dass durch eine steuerliche Rückwirkung der Tod eines Gesellschafters
		nicht „umgangen“ werden kann. Für einen ausgeschiedenen
		Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers ergeben sich aus einer späteren
		rückwirkenden Umwandlung keine steuerlichen Folgen. Dies ist auch richtig, weil
		sie an dem Umwandlungsbeschluss nicht beteiligt sind und auf die Entstehung
		eines Übernahmegewinns keinen Einfluss nehmen können. 
Hätte der Kläger das Verfahren gewonnen, wären 52 % des
		Übernahmegewinns dem verstorbenen V zugerechnet worden und hätten damit von
		dessen Erben versteuert werden müssen, d.h. von B und der Mutter des Klägers.
		
Aufgrund der Corona-Krise ist der steuerliche Rückwirkungszeitraum
		von acht auf zwölf Monate verlängert worden, wenn die Anmeldung zur Eintragung
		im Handelsregister im Jahr 2020 oder 2021 erfolgt. 
Bei der Verschmelzung einer GmbH auf eine natürliche Person
		entsteht ein Übernahmegewinn in Höhe der Differenz des Wertansatzes der
		Wirtschaftsgüter der GmbH und den Anschaffungskosten auf die GmbH-Beteiligung
		sowie den Umwandlungskosten. Soweit die GmbH-Beteiligung zum Privatvermögen der
		natürlichen Person gehörte, fingiert der Gesetzgeber, dass die GmbH-Beteiligung
		in das Betriebsvermögen der natürlichen Person mit den Anschaffungskosten
		eingelegt wird, so dass der Übernahmegewinn in seinem Betriebsvermögen
		entsteht. Der Übernahmegewinn bzw. -verlust wird aber noch durch zahlreiche
		Einzelheiten modifiziert; so wird u.a. eine Ausschüttung der durch
		Verschmelzung untergehenden GmbH fingiert, die das Übernahmeergebnis
		reduziert.
BFH, Urteil vom 8.9.2020 – X R 36/18; NWB
					