Eine doppelte Haushaltsführung liegt nicht vor, wenn es sich bei
der am Tätigkeitsort angemieteten Wohnung um die erste eigene Wohnung des noch
jungen Arbeitnehmers handelt und als Erstwohnsitz die elterliche Wohnung
angegeben wird. Denn dann verfügt der Arbeitnehmer am Wohnsitz der Eltern nur
über sein Kinderzimmer und nicht über einen eigenen Hausstand. Daran ändert
auch eine Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers nichts.
Hintergrund: Eine doppelte
Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb seines
Lebensmittelpunktes arbeitet und am Beschäftigungsort eine Zweitwohnung
anmietet. Seit 2014 verlangt der Gesetzgeber, dass der Arbeitnehmer an seinem
Lebensmittelpunkt eine Wohnung innehat und sich an den Kosten der Lebensführung
finanziell beteiligt.
Sachverhalt: Die Klägerin
schloss im Jahr 2015 ihre Berufsausbildung ab und wurde im Streitjahr 2016 24
Jahre alt. Sie hatte während der Ausbildung bei ihren Eltern in U-Stadt
gewohnt. Ende 2015 begann sie für drei Jahre eine Tätigkeit für den Arbeitgeber
X in K-Stadt. Sie mietete ab 1.1.2016 in K-Stadt eine 54 m² große
Zwei-Zimmer-Wohnung. Nach eigenen Angaben befand sich ihr Lebensmittelpunkt
aber weiter bei ihren Eltern in U-Stadt, an die sie monatlich 200 €
zahlte. Die Klägerin machte ca. 10.000 € als Kosten für eine doppelte
Haushaltsführung im Jahr 2016 geltend. Das Finanzamt erkannte die doppelte
Haushaltsführung nicht an.
Entscheidung: Das Finanzgericht
Münster (FG) verneinte ebenfalls eine doppelte Haushaltsführung und wies die
Klage ab:
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Eine doppelte Haushaltsführung setzt u.a. einen eigenen
Hausstand am Lebensmittelpunkt voraus. Ist der Arbeitnehmer nicht verheiratet
und bewohnt er im Haushalt seiner Eltern ein Zimmer, wird vermutet, dass der
Arbeitnehmer keinen eigenen Hausstand unterhält, sondern in den Hausstand der
Eltern eingegliedert ist. -
Dies gilt auch dann, wenn sich der Arbeitnehmer finanziell
beteiligt. Zwar verlangt der Gesetzgeber seit 2014 für das Vorliegen eines
eigenen Hausstands eine finanzielle Beteiligung; daraus folgt aber nicht, dass
bereits aufgrund der finanziellen Beteiligung ein eigener Hausstand vorliegt.
Der Gesetzgeber wollte lediglich erreichen, dass eine doppelte Haushaltsführung
auch ohne Kostenbeteiligung anerkannt wird. Im Streitfall war zudem zu
berücksichtigen, dass die Eltern der Klägerin einen Pkw gekauft
hatten. -
Die Klägerin konnte im Haus ihrer Eltern nur ihr bisheriges
Kinderzimmer nutzen. Hingegen stand ihr in K-Stadt eine Zwei-Zimmer-Wohnung zur
Verfügung. Unbeachtlich ist, dass ihr Arbeitsvertrag bei X in K-Stadt auf drei
Jahre befristet war. Immerhin blieb die Klägerin auch nach Ablauf der drei
Jahre in K-Stadt wohnen und zog dort 2019 mit ihrem Freund
zusammen.
Hinweis: Das Urteil betrifft die
geänderte Rechtslage seit 2014. Das FG macht deutlich, dass die vom Gesetzgeber
nunmehr geforderte Kostenbeteiligung allein nicht ausreicht, um einen eigenen
Hausstand am Wohnort der Eltern anzunehmen. Die Kostenbeteiligung ist zwar ein
gewichtiges Indiz für einen eigenen Hausstand, aber sie allein genügt nicht.
Hinzu kam der Verdacht, dass die von der Klägerin gezahlten Kosten von
monatlich 200 € von den Eltern dazu verwendet wurden, der Klägerin ein
Auto zu kaufen.
Aus dem Urteil darf aber nicht gefolgert werden, dass Kinder
generell keinen eigenen Hausstand im Haus ihrer Eltern unterhalten können. Ein
eigener Hausstand des Kindes im Haus der Eltern wird insbesondere bei älteren
Kindern anerkannt, die wirtschaftlich bereits selbständig sind und wieder
zurück zu ihren Eltern ziehen und am Beschäftigungsort eine Zweitwohnung
unterhalten; sie müssen sich dann aber auch an den Kosten der Lebensführung
beteiligen.
FG Münster, Urteil vom 7.10.2020 – 13 K 1756/18 E;
NWB