Die Grunderwerbsteuer ist nicht zu mindern, wenn der Kaufpreis zwar
vertraglich herabgesetzt wird, der Antrag auf Minderung der Grunderwerbsteuer
jedoch erst nach Eintritt der vierjährigen Festsetzungsverjährung gestellt
wird. Die Herabsetzung des Kaufpreises stellt auch kein sog. rückwirkendes
Ereignis dar, bei dem eine neue Festsetzungsfrist beginnen würde.
Hintergrund: Die
Grunderwerbsteuer richtet sich nach dem Kaufpreis. Wird der Kaufpreis
nachträglich im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung herabgesetzt, wird auf
Antrag die Grunderwerbsteuer entsprechend gemindert; die Herabsetzung muss aber
innerhalb von zwei Jahren seit dem Kaufvertrag erfolgen.
Nach dem allgemeinen Verfahrensrecht kann ein Steuerbescheid auch
wegen eines rückwirkenden Ereignisses geändert werden. Liegt ein rückwirkendes
Ereignis vor, beginnt erneut eine vierjährige Festsetzungsfrist.
Sachverhalt: Die Klägerin erwarb
am 7.8.2007 Grundvermögen zum Preis von ca. 49,5 Mio. €. Mit Vertrag vom
24.2.2009 verpflichtete sich der Verkäufer zu einer Kaufpreisrückzahlung in
Höhe von ca. 2,1 Mio. €. Am 13.9.2012 beantragte die Klägerin die
Minderung der Grunderwerbsteuer und begründete dies damit, dass die
Herabsetzung des Kaufpreises ein sog. rückwirkendes Ereignis gewesen sei. Das
Finanzamt lehnte den Antrag ab.
Entscheidung: Der BFH wies die
Klage ab:
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Zwar lässt das Gesetz eine Minderung der Grunderwerbsteuer auf
Antrag zu, wenn innerhalb von zwei Jahren der Kaufpreis vertraglich
herabgesetzt wird. Diese Minderung ist aber nur innerhalb der
Festsetzungsverjährung möglich. Da der Kaufvertrag im Jahr 2007 abgeschlossen
worden war, begann die vierjährige Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.2007
und endete am 31.12.2011. Der Antrag auf Minderung wurde aber erst im Jahr 2012
gestellt. -
Zwar führt die Herabsetzung des Kaufpreises nach dem Gesetz
dazu, dass die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach der
Kaufpreisherabsetzung eintritt; dies nützte der Klägerin aber nichts, weil die
Kaufpreisherabsetzung am 24.2.2009 erfolgte und die Festsetzungsfrist ohnehin
erst am 31.12.2011 endete. -
Die Herabsetzung des Kaufpreises stellt auch kein
rückwirkendes Ereignis dar, das eine erneute vierjährige Festsetzungsfrist
auslöst. Ansonsten wäre nämlich die einjährige Hemmung der Festsetzungsfrist
überflüssig.
Hinweis: Die Klägerin hat im
Streitfall den Antrag auf Minderung der Grunderwerbsteuer schlichtweg zu spät
gestellt. Sie hätte den Antrag spätestens bis zum 31.12.2011 stellen müssen;
die Festsetzungsverjährung wäre dann aufgrund des Antrags gehemmt worden.
Wäre die Kaufpreisherabsetzung im Dezember 2011 erfolgt, hätte die
Festsetzungsfrist erst ein Jahr später im Dezember 2012 geendet und wäre bei
Stellung des Antrags auf Minderung der Grunderwerbsteuer (im September 2012)
noch nicht abgelaufen gewesen.
Zu beachten ist, dass eine Einigung über die Herabsetzung des
Kaufpreises nicht genügt, damit die Grunderwerbsteuer gemindert werden kann;
vielmehr muss der Kaufpreis noch zurückgezahlt werden.
BFH, Urteil vom 22.7.2020 – II R 15/18; NWB