Reißt der Steuerpflichtige ein
Gebäude ab, das er nicht in Abbruchabsicht erworben hatte und das er teilweise
vermietet und teilweise selbstgenutzt hat, kann er die Abbruchkosten sowie den
Restbuchwert des abgerissenen Gebäudes grundsätzlich nur insoweit als
Werbungskosten absetzen, als er das Gebäude vermietet hat. Soweit er es
selbstgenutzt hat, gehören die Abrisskosten und der Restbuchwert hingegen zu
den Herstellungskosten des neuen Gebäudes. Machte die Selbstnutzung aber
weniger als 10 % aus, können die Kosten für den Abriss und der Restbuchwert
insgesamt als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
abgezogen werden.
Hintergrund: Reißt ein
Steuerpflichtiger ein Gebäude ab, stellt sich die Frage, wie die Abbruchkosten
und der Restbuchwert des Gebäudes steuerlich behandelt werden: als sofort
abziehbare Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben oder aber als zu aktivierende
Herstellungskosten des neuen Gebäudes?
Sachverhalt: Die Klägerin
erwarb am 1.2.2012 ein Einfamilienhaus, das sie bis Juli 2014 an ihre
Schwiegermutter vermietete und ab 1.8.2014 teilweise (zu 78 %) einem anderen
Mieter überließ; im Übrigen nutzte sie das Haus ab August 2014 selbst. Im März
2017 ließ sie das Haus abreißen und durch einen Neubau ersetzen, den sie
vermietete. Sie machte die Abbruchkosten in Höhe von ca. 27.000 € sowie
den Restbuchwert des abgerissenen Hauses in Höhe von ca. 260.000 € als
Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das
Finanzamt ging davon aus, dass das Haus nur zum Teil vermietet worden sei, und
erkannte die geltend gemachten Kosten nur zum Teil an.
Entscheidung: Das
Finanzgericht Münster (FG) gab der Klage statt:
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Wird ein Gebäude ohne
Abbruchabsicht erworben, kommt es für die steuerliche Behandlung der
Abbruchkosten und des Restbuchwertes grundsätzlich auf die bisherige Nutzung
des abgerissenen Gebäudes an.-
Soweit das Gebäude
vermietet worden ist, sind die Abbruchkosten als Werbungskosten bei den
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in vollem Umfang sofort abziehbar. -
Soweit das Gebäude
selbstgenutzt worden ist, werden die Abbruchkosten als Herstellungskosten des
neuen Gebäudes behandelt und wirken sich nur über die jährliche Abschreibung
aus.
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Im Streitfall ist das Gebäude
zunächst vollständig vermietet worden (Februar 2012 bis Juli 2014; dies
entsprach einem Zeitanteil von ca. 54 %, nämlich 31 von 57 Monaten) und
anschließend zu 78 % vermietet worden (dies machte zeitanteilig 46 % aus,
nämlich 26 von 57 Monaten). Berücksichtigt man sowohl den Zeitanteil als auch
den Flächenanteil, ergibt sich ein Selbstnutzungsanteil von insgesamt 9,8 %. -
Zwar wären danach 90,2 % der
Kosten als Werbungskosten absetzbar. Da der Selbstnutzungsanteil aber unter 10
% lag, ist er als unwesentlich anzusehen. Daher können die Abbruchkosten und
der Restbuchwert in voller Höhe als Werbungskosten abgesetzt werden.
Hinweis: Da das
Einfamilienhaus ohne Abbruchabsicht erworben worden war, kam es auf die
bisherige Nutzung an. Denn man unterstellt, dass der Abriss aufgrund des
Verschleißes infolge der bisherigen Nutzung (Vermietung oder Selbstnutzung)
erfolgt.
Anders ist dies, wenn der Abriss
nicht wegen des Verschleißes aufgrund der bisherigen Vermietung erfolgt,
sondern weil das Gebäude abgerissen wird, um das Grundstück zu veräußern oder
um es künftig selbst zu nutzen. In diesen Fällen werden die Abbruchkosten und
der Restbuchwert nicht als Werbungskosten berücksichtigt, weil sie nicht durch
die bisherige Vermietung und den hierdurch eingetretenen Verschleiß des Hauses
veranlasst sind.
Vermietung und den hierdurch
eingetretenen Verschleiß des Hauses veranlasst sind. Wird das Gebäude von
vornherein in Abbruchabsicht erworben, gehören die Abbruchkosten und der
Restbuchwert des abgerissenen Gebäudes zu den aktivierenden Herstellungskosten
des neuen Gebäudes. Sie wirken sich dann nur über die jährliche Abschreibung
aus.
FG Münster, Urteil vom 21.8.2020 –
4 K 855/19, Rev. beim BFH: Az. bisher keine Revision ersichtlich;
NWB