Die Corona-Soforthilfe darf vom
Finanzamt nicht gepfändet werden, soweit es um Steueransprüche aus der Zeit vor
dem 1.3.2020 geht. Dies ergibt sich daraus, dass die Corona-Soforthilfe den
Zweck hat, dem von der Corona-Krise betroffenen Unternehmer ab dem 1.3.2020
Liquidität zu verschaffen; daher ist die Corona-Soforthilfe nicht übertragbar
und auch nicht pfändbar.
Hintergrund: Die
Bundesländer haben kleineren Unternehmern Corona-Soforthilfen gewährt, damit
diese die durch die Corona-Krise entstandenen Liquiditätsengpässe überwinden
können. Es stellt sich nun die Frage, ob das Finanzamt Bankkonten, auf denen
die Corona-Soforthilfe gutgeschrieben wurde, pfänden und sich die Soforthilfe
von der Bank überweisen lassen darf.
Sachverhalt: Der
Antragsteller schuldete dem Finanzamt Umsatzsteuer für 2015. Er erhielt am
6.4.2020 eine Corona-Soforthilfe des Landes Nordrhein-Westfalen in Höhe von
9.000 €. Das Finanzamt pfändete am 17.4.2020 das Konto des
Antragstellers. Der Antragsteller stellte daraufhin einen Eilantrag auf
einstweilige Einstellung des Vollstreckungsverfahrens.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Eilantrag statt:
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Die Corona-Soforthilfe ist
nicht pfändbar, soweit der Gläubiger Ansprüche aus der Zeit vor dem 1.3.2020
durchsetzen will. Im Vollstreckungsrecht sind Forderungen nicht pfändbar, die
nicht übertragen werden dürfen. Zu diesen Forderungen, die nicht übertragen
werden dürfen, gehören zweckgebundene Forderungen. -
Die Corona-Soforthilfe ist
zweckgebunden. Dies ergibt sich aus dem Corona-Programm der einzelnen
Bundesländer, hier Nordrhein-Westfalen. Die Corona-Soforthilfe soll nämlich
Liquiditätsengpässe, die dem Unternehmer seit dem 1.3.2020 aufgrund der
Corona-Krise entstehen, überbrücken. Die Corona-Soforthilfe soll also nicht
Gläubigeransprüche befriedigen, die vor dem 1.3.2020 entstanden sind. Anders
wäre dies nur bei Gläubigeransprüchen, die seit dem 1.3.2020 entstanden sind.
Die Pfändung des Finanzamts betraf aber die Umsatzsteuer 2015, also einen
Anspruch, der vor dem 1.3.2020 entstanden ist. -
Auch die weitere Voraussetzung
des Eilantrags lag vor, nämlich die sog. Eilbedürftigkeit. Der BFH bejahte
dies, weil der Antragsteller ohne die Corona-Soforthilfe die laufenden Kosten
seines Geschäftsbetriebs nicht mehr hätte decken können. Das Finanzamt muss
daher die gepfändete und bereits eingezogene Corona-Soforthilfe an den
Antragsteller zurückzahlen.
Hinweise: Nach der
aktuellen Entscheidung des BFH darf das Finanzamt den Anspruch auf die
Corona-Soforthilfe allerdings pfänden, soweit es um Steueransprüche geht, die
seit dem 1.3.2020 entstanden sind. Jedoch hat das Bundesfinanzministerium (BMF)
im März 2020 die Finanzämter angewiesen, bis zum 31.12.2020 von einer
Vollstreckung bei rückständigen Steuern oder bei Steuern, die bis zum
31.12.2020 fällig werden, abzusehen.
Der BFH deutet an, dass dies
möglicherweise auch für Vollstreckungsmaßnahmen gelten könnte, die bereits vor
der Veröffentlichung des Schreibens des BMF durchgeführt worden sind, weil es
anderenfalls zu ungerechtfertigten Ungleichbehandlungen kommen könnte, wenn
nach dem Zeitpunkt der Vollstreckungsmaßnahme unterschieden wird.
BFH, Beschluss v. 9.7.2020 – VII S
23/20; NWB