Der Bundesfinanzhof (BFH) muss über die Frage entscheiden, wie
Versorgungsleistungen eines Kindes an seine Eltern, die für die Übertragung
steuerlich nicht begünstigten Vermögens gezahlt werden, steuerlich behandelt
werden: als Entgelt und damit steuerlich absetzbar oder aber als steuerlich
nicht absetzbare Versorgungsleistungen. Der BFH hat nun das
Bundesfinanzministerium (BMF) zum Beitritt in diesem Verfahren aufgefordert.
Hieraus lässt sich eine erhebliche Breitenwirkung des Verfahrens ableiten.
Hintergrund: Im Steuerrecht gibt
es das sog. Rechtsinstitut der unentgeltlichen Vermögensübergabe, bei dem
Eltern ihren Betrieb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihr Kind gegen
lebenslange Versorgungsleistungen übertragen. Dieser Vorgang wird als
unentgeltlich behandelt, also nicht als Verkauf. Die Vermögensübergabe bleibt
aber steuerlich nicht folgenlos: Vielmehr kann das Kind die
Versorgungsleistungen als Sonderausgaben absetzen, während der Vater bzw. die
Mutter die Versorgungsleistungen als sonstige Einkünfte, d.h. ähnlich wie eine
Rente, versteuern muss. Voraussetzung für eine derart begünstigte
Vermögensübergabe ist seit 2008, dass betriebliches, landwirtschaftliches oder
freiberufliches Vermögen oder aber eine mindestens 50 %ige
GmbH-Beteiligung, bei der auch die Geschäftsführerstellung vom Elternteil und
nunmehr vom Kind ausgeübt wird, übertragen wird. Die Übertragung von privaten
Immobilien oder von Barvermögen ist steuerlich nicht begünstigt.
Streitfall: Die Klägerin erhielt
von ihrem Vater im Wege der Schenkung im Jahr 2011 ein vermietetes
Mehrfamilienhaus. Hierfür musste sie ihrem Vater lebenslang eine
Versorgungszahlung von 2.500 € monatlich zahlen. Die Klägerin machte den
Jahresbetrag von 30.000 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt erkannte nur den
Ertragsanteil von 3.900 € (= 13 %) als Werbungskosten an, weil bei
Leibrenten nur der Ertragsanteil als Werbungskosten abziehbar sei. Der Fall kam
nun zum BFH.
Entscheidung: Der BFH fordert
das BMF zum Beitritt auf:
Die Vermögensübergabe ist steuerlich nicht begünstigt, da das
Mehrfamilienhaus nicht zum Betriebsvermögen gehört.
Damit stellt sich die Frage, was aus der steuerlichen
Nichtbegünstigung der Vermögensübergabe folgt:
-
Entweder handelt es sich – ebenso wie eine steuerlich
begünstigte Vermögensübergabe – um ein unentgeltliches Geschäft. Dies
hätte zur Folge, dass die Zahlungen der Klägerin steuerlich nicht zu den
Werbungskosten gehören; denn sie werden nicht wegen der Erzielung von
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gezahlt, sondern zwecks Versorgung
des Vaters. -
Oder es handelt es sich um ein teilentgeltliches Geschäft, so
dass die Versorgungsleistungen ein Entgelt für den Erwerb des
Mehrfamilienhauses darstellen und deshalb die Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung mindern.
Der Gesetzgeber geht bei der Vermögensübergabe gegen
Versorgungsleistungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge an sich von der
Unentgeltlichkeit aus. Die Übertragung nichtbegünstigten Vermögens wie
Immobilien soll lediglich zur Folge haben, dass der Sonderausgabenabzug nicht
möglich ist.
Soweit die Finanzverwaltung eine teilentgeltliche Übertragung
annimmt, wenn steuerlich nicht begünstigtes Vermögen wie Immobilien übertragen
wird, erscheint dies zweifelhaft.
Hinweise: Der Beitritt soll dem
BMF ermöglichen, seine Rechtsauffassung zu erläutern und ggf. weitere
Hintergrundinformationen zu vergleichbaren Gestaltungen zu liefern. Die Tendenz
des BFH geht in Richtung eines unentgeltlichen Geschäfts. Dies hätte zur Folge,
dass die Klägerin keinen Sonderausgabenabzug hätte und möglicherweise auch ein
Werbungskostenabzug ausscheiden würde. Allerdings ist die Klägerin vor einer
Verböserung, d.h. Verschlechterung, geschützt; der Werbungskostenabzug in Höhe
von 3.900 € kann ihr also nicht mehr genommen werden.
Die Beschränkung auf betriebliches Vermögen und
Mehrheitsbeteiligungen an einer GmbH oder AG soll verhindern, dass z.B. auch
Aktiendepots steuerlich vorteilhaft im Wege der Vermögensübergabe gegen
Versorgungsleistungen übertragen werden können. Im Prinzip orientiert sich das
Gesetz am Hofübergabevertrag, bei dem der Hof auf die nächste Generation
übertragen wird und das Kind aus den laufenden Erträgen die Eltern versorgen
muss.
BFH, Beschluss v. 28.4.2020 – IX R 11/19;
NWB