Eine Rechnungsberichtigung wirkt auf das Jahr der ursprünglichen
		Rechnungsausstellung zurück. Dies gilt auch dann, wenn sich die Berichtigung
		zuungunsten des Rechnungsempfängers auswirkt, weil in der berichtigten Rechnung
		keine Umsatzsteuer mehr ausgewiesen wird. Für die Rechnungsberichtigung ist
		nicht zwingend erforderlich, dass die ursprüngliche Rechnung fehlerhaft war; es
		genügt, dass die Vertragspartner an den ursprünglichen Rechnungen nicht mehr
		festhalten wollen und diese vollständig rückabwickeln, also auch die bisher
		gezahlte Umsatzsteuer an den Rechnungsempfänger zurückgezahlt wird.
		
Hintergrund: Sind Rechnungen
		fehlerhaft oder unvollständig, können sie berichtigt werden. Diese Berichtigung
		wirkt auf das Jahr der ursprünglichen Rechnungserstellung zurück, so dass durch
		eine Berichtigung nachteilige Folgen grundsätzlich vermieden werden können.
		
Sachverhalt: Die Klägerin ließ
		einen Bioenergiepark errichten. Hierzu bezog sie im Jahr 2007 Planungs- und
		Montageleistungen von A und B. Sowohl A als auch B stellten ihre Leistungen der
		Klägerin mit Umsatzsteuer im Jahr 2007 in Rechnung. Die Klägerin machte die
		Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt führte 2011 eine Außenprüfung
		durch und versagte den Vorsteuerabzug. Nach Auffassung des Finanzamts handelte
		es sich um Bauleistungen, für die das sog. Reverse-Charge-Verfahren galt, d. h.
		die Klägerin schuldete die Umsatzsteuer für die Leistungen von A und B. Im Jahr
		2012 berichtigten A und B ihre Rechnungen, indem sie der Klägerin nunmehr
		jeweils eine Gutschrift ausstellten und der Klägerin ihre Leistungen nunmehr
		ohne Umsatzsteuer unter Hinweis auf das Reverse-Charge-Verfahren in Rechnung
		stellten und die Umsatzsteuer an die Klägerin zurückzahlten. Die Klägerin
		machte unverändert Vorsteuer für das Jahr 2007 geltend. 
Entscheidung: Der
		Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab: 
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Aus den berichtigten Rechnungen ergab sich kein
Vorsteuerabzug, weil in den berichtigten Rechnungen keine Umsatzsteuer mehr
gesondert ausgewiesen war. - 
Die berichtigten Rechnungen wirkten in das Jahr 2007 zurück,
da Rechnungsberichtigungen grundsätzlich in das Jahr der ursprünglichen
Rechnungserstellung zurückwirken. Diese Rückwirkung gilt auch dann, wenn sie
sich zum Nachteil des Rechnungsempfängers auswirkt, weil in der berichtigten
Rechnung nunmehr keine Umsatzsteuer mehr gesondert ausgewiesen wird, die der
Rechnungsempfänger als Vorsteuer abziehen könnte. - 
Nicht entschieden werden muss, ob die ursprünglichen
Rechnungen aus dem Jahr 2007 überhaupt fehlerhaft waren. Einer fehlerhaften
Rechnung steht es gleich, wenn die Vertragspartner an den ursprünglichen
Rechnungen (aus dem Jahr 2007) nicht mehr festhalten wollen und die
ursprünglichen Rechnungen vollständig rückabwickeln, also auch die Umsatzsteuer
an die Klägerin als Rechnungsempfängerin zurückzahlen. - 
Die für eine Rechnungsberichtigung erforderliche Bezugnahme
auf die ursprüngliche Rechnung ist im Streitfall erfolgt. Während A in seiner
berichtigten Rechnung ausdrücklich auf seine Rechnung aus dem Jahr 2007 Bezug
genommen hat, gab es für die berichtigte Rechnung des B Begleitschreiben und
E-Mail-Korrespondenz, in der die ursprünglichen Rechnungsnummern genannt
wurden. 
Hinweise: Das Ergebnis des Falls
		ist ausgesprochen unglücklich. Denn es blieb unklar, welche Rechnungen
		eigentlich fehlerhaft waren: die ursprünglichen Rechnungen aus dem Jahr 2007,
		die der Klägerin den Vorsteuerabzug ermöglicht hätten, oder die berichtigten
		Rechnungen aus dem Jahre 2012, in denen keine Umsatzsteuer gesondert
		ausgewiesen wurde. Der BFH ließ die Frage offen, ob die Leistungen des A und B
		Bauleistungen waren, für die das Reverse-Charge-Verfahren galt. Dem Gericht
		genügte es, dass die Klägerin sowie A und B die Rechnungen aus dem Jahr 2007
		einvernehmlich aufhoben und rückabwickelten. Im Ergebnis kann es daher sein,
		dass zutreffende Rechnungen „berichtigt“ wurden, also aus
		richtigen Rechnungen fehlerhafte Rechnungen wurden. 
BFH, Urteil v. 22.1.2020 – XI R 10/17; NWB
					