Erbt ein Kind von seinem biologischen Vater, der nicht sein
rechtlicher Vater ist, wird nur die ungünstige Steuerklasse III gewährt, nicht
aber die günstige Steuerklasse I. Damit beläuft sich der Freibetrag lediglich
auf 20.000 € anstatt auf 400.000 €.
Hintergrund: Bei Erbschaften und
Schenkungen richten sich der Freibetrag und der Steuersatz nach der
Steuerklasse, die vom Verwandtschaftsverhältnis abhängig ist. Die Steuerklasse
I ist die günstigste und wird z.B. im Verhältnis Eltern-Kind gewährt. Die
Steuerklasse III ist hingegen die schlechteste und gilt für alle Erbschaften
und Schenkungen unter nicht verwandten Menschen.
Sachverhalt: Der Kläger war der
biologische Vater seiner 1987 geborenen Tochter. Im Jahr 1987 war die Mutter
aber noch mit ihrem damaligen Ehemann M verheiratet, so dass M der rechtliche
Vater der Tochter war. Der Kläger schenkte seiner Tochter im Jahr 2016 einen
Betrag von 30.000 € und sicherte die Übernahme der Schenkungsteuer
(Erbschaftsteuer) zu. Er machte die Steuerklasse I und damit einen Freibetrag
von 400.000 € für Schenkungen an das eigene Kind geltend. Das
Finanzamt gewährte nur die Steuerklasse III, weil der Kläger nicht der
rechtliche Vater sei. Der Freibetrag betrug damit nur
20.000 €.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Finanzamt Recht und wies die Klage ab:
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Die Steuerklasseneinteilung richtet sich nach dem
Verwandtschaftsverhältnis, das wiederum durch das Familienrecht des
Bürgerlichen Gesetzbuchs definiert wird. Familienrechtlich ist derjenige der
rechtliche Vater eines Kindes, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter
verheiratet ist oder der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft
gerichtlich festgestellt ist. Der rechtliche Vater ist unterhaltsverpflichtet,
und das Kind ist gegenüber seinem rechtlichen Vater erb- und
pflichtteilsberechtigt. -
Der biologische Vater ist hingegen nicht auch zwingend der
rechtliche Vater. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass auf
die Feststellung der biologischen Abstammung grundsätzlich verzichtet wird und
aus dem Bestehen einer Ehe auf die leibliche Abstammung geschlossen wird. -
Für den Gesetzgeber ist erbschaft- und schenkungsteuerlich das
rechtliche Vaterschaftsverhältnis maßgeblich. Dies zeigt sich insbesondere in
Fällen der Adoption eines Minderjährigen. Auch hat der Gesetzgeber Stiefkinder
den leiblichen Kindern gleichgestellt. -
Die Begünstigung des Verhältnisses zwischen dem rechtlichen
Vater und dem Kind entspricht auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Denn nur
der rechtliche Vater ist unterhaltsverpflichtet, und nur gegenüber dem
rechtlichen Vater besteht das gesetzliche Erbrecht und der Anspruch auf den
Pflichtteil.
Hinweise: Unbeachtlich ist, dass
der leibliche Vater, wenn er nicht auch der rechtliche Vater ist, ein
Umgangsrecht hat, wenn er ein ernsthaftes Interesse an seinem Kind gezeigt hat
und wenn der Umgang dem Kindeswohl dient.
Das Urteil des BFH gilt nicht nur für Schenkungen, sondern auch für
Erbschaften. Die günstige Steuerklasse I wird also nur beim Tod des rechtlichen
Vaters gewährt, während beim Tod des leiblichen Vaters lediglich die
Steuerklasse III angewendet wird; deren Freibetrag beträgt
20.000 €, und der Steuersatz beläuft sich je nach Höhe des Erwerbs
auf 30 % bis 50 %.
BFH, Urteil v. 5.12.2019 – II R 5/17; NWB