Ein Unternehmer, der in seinen gemieteten Geschäftsräumen Einbauten
vornehmen lässt, kann aus den Handwerkerrechnungen den Vorsteuerabzug geltend
machen, wenn er die Mietereinbauten an den Vermieter liefert, indem er schon zu
Beginn des Mietverhältnisses auf sein Wegnahmerecht als Mieter gegen Entgelt
verzichtet. Dies gilt auch dann, wenn der Unternehmer an sich umsatzsteuerfreie
Umsätze tätigt und insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Hintergrund: Unternehmer sind
zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn sie umsatzsteuerpflichtige Umsätze
ausführen und Leistungen beziehen, die sie direkt und unmittelbar für die
Ausgangsumsätze einsetzen. Ärzte sind grundsätzlich umsatzsteuerfrei tätig und
daher nicht vorsteuerabzugsberechtigt.
Sachverhalt: Die Klägerin war
eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die aus zwei Augenärzten bestand.
Die GbR wollte eine Tagesklinik betreiben und mietete von V entsprechende Räume
an, die „zum Betrieb einer augenärztlichen Tagesklinik“ geeignet
sein sollten. Tatsächlich waren die Räume noch nicht ausgebaut – die GbR sollte
den Ausbau übernehmen. Hierfür erhielt sie von V einen Baukostenzuschuss in
Höhe von 500.000 € zzgl. Umsatzsteuer. Dem Mietvertrag zufolge war
die GbR verpflichtet, die Mietereinbauten im Fall eines Auszugs in den Räumen
zu belassen und auf eine Entschädigung zu verzichten. Außerdem war sie
verpflichtet, im Fall eines vorzeitigen Auszugs für jedes nicht abgelaufene
Mietjahr 1/15 des Baukostenzuschusses zurückzuzahlen. Die GbR beauftragte einen
sog. Praxenbauer, der die Einbauten vornahm, und machte die Vorsteuer von ca.
98.000 € geltend. Das Finanzamt erkannte die Vorsteuer nicht
an.
Entscheidung: Der BFH gab der
hiergegen gerichteten Klage statt:
-
Die Klägerin kann die Vorsteuer für die Durchführung der
Mietereinbauten geltend machen, weil sie die Mietereinbauten an V
umsatzsteuerpflichtig geliefert hat. Denn sie hat dem V die Verfügungsmacht an
den Einbauten verschafft, indem sie ihm den Wert und die Substanz der Einbauten
zugewendet hat. Die Klägerin hat nämlich bereits zu Beginn des
Mietverhältnisses auf ihr zivilrechtliches Wegnahmerecht verzichtet, weil der V
ihr die Herstellungskosten durch Zahlung des Baukostenzuschusses erstattet
hat. -
Zusätzlich ist für eine Lieferung von Mietereinbauten noch
erforderlich, dass der Mieter dem Vermieter einen unmittelbar vom Vermieter
tatsächlich genutzten wirtschaftlichen Vorteil zuwendet. Auch diese
Voraussetzung wurde erfüllt, weil V durch die Überlassung der Mietereinbauten
in die Lage versetzt wurde, seine Pflicht als Vermieter, die Räume für den
Betrieb einer augenärztlichen Tagesklinik zu überlassen, zu
erfüllen. -
Dem Vorsteuerabzug der Klägerin stand nicht entgegen, dass sie
als augenärztliche Klinik umsatzsteuerfreie Umsätze erbrachte und insoweit
nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Die Lieferung der Mietereinbauten war
nämlich nicht steuerfrei; denn die Mietereinbauten wurden noch nicht für den
Betrieb einer augenärztlichen Klinik eingesetzt. Die Lieferung war daher
umsatzsteuerpflichtig, so dass der GbR auch der Vorsteuerabzug für die
Mietereinbauten zustand.
Hinweise: Die Klägerin musste
also die Umsatzsteuer auf den Baukostenzuschuss abführen; sie hatte die
Umsatzsteuer aber von V erhalten. Und sie konnte im Gegenzug die Vorsteuer aus
den Baumaßnahmen abziehen.
Der BFH ließ offen, welche umsatzsteuerlichen Folgen sich bei einer
anteiligen Rückzahlung des Baukostenzuschusses im Fall der vorzeitigen
Kündigung des Mietvertrags ergeben. Denkbar ist hier eine Berichtigung der
Umsatzsteuer zugunsten der Klägerin, da sie auf den Gesamtbetrag von
500.000 € Umsatzsteuer abgeführt hat. Zu prüfen sein könnte aber
auch eine Vorsteuerberichtigung zuungunsten der Klägerin.
BFH, Urteil v. 13.11.2019 – V R 5/18; NWB