Ein GmbH-Gesellschafter, der an mehreren Kapitalgesellschaften
unmittelbar und mittelbar beteiligt ist und den Gesellschaften, an denen er
mittelbar beteiligt ist, Darlehen im siebenstelligen Euro-Bereich zur Verfügung
stellt, erzielt mit der Finanzierung keine betrieblichen Einkünfte. Er kann
daher einen Darlehensausfall nicht als betrieblichen Verlust geltend machen.
Sofern er seine Darlehen aber bei einer Bank refinanziert, kann er die
Refinanzierungszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
absetzen, wenn er bei der Kapitalgesellschaft, an der unmittelbar beteiligt
ist, seinen Willen in der jeweiligen Gesellschafterversammlung durchsetzen
kann.

Hintergrund: Einkünfte aus
Kapitalvermögen unterliegen grundsätzlich der Abgeltungsteuer von 25 %; ein
Werbungskostenabzug ist bei der Abgeltungsteuer nicht möglich. Das Gesetz
enthält aber verschiedene Ausnahmen, in denen die Abgeltungsteuer nicht gilt
und dann auch ein Werbungskostenabzug möglich ist. Eine dieser Ausnahmen
greift, wenn der Steuerpflichtige Zinsen von einer GmbH erhält, an der zu
mindestens 10 % beteiligt ist. Gleiches gilt, wenn es sich bei dem
Darlehensgeber um Person handelt, die dem Anteilseigner nahe steht.

Sachverhalt: Der Kläger gewährte
der Y-GmbH in den Jahren 2006 bis 2008 Darlehen in Höhe von insgesamt ca. 2,4
Mio. €. Er war an der Y-GmbH über die X-GmbH mittelbar beteiligt; seine
Beteiligung an der X-GmbH betrug 85 %; seine mittelbare Beteiligungsquote an
der Y-GmbH belief sich zunächst auf 63,75 %, später auf 20,4 %. Die Darlehen
waren verzinslich, aber die Y-GmbH zahlte dem Kläger keine Zinsen. Der Kläger
hatte seine Darlehen refinanziert und zahlte in den Streitjahren Zinsen an die
Bank in Höhe von jeweils ca. 15.000 € für 2010 und 2011. Außerdem fiel
er mit seinen Darlehensforderungen aus, da die Y-GmbH im August 2010 insolvent
wurde. Der Kläger machte den Darlehensausfall und die Refinanzierungszinsen als
Betriebsausgaben in den Jahren 2009 und 2010 geltend, da er von einer
gewerblichen Finanzierungstätigkeit ausging. Das Finanzamt erkannte die
Ausgaben lediglich in geringem Umfang an.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage hinsichtlich der Darlehensverluste ab,
hielt aber einen Werbungskostenabzug bezüglich der Refinanzierungszinsen für
möglich und verwies die Sache insoweit an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Die Darlehensverluste führten nicht zu betrieblichen
    Verlusten, weil der Kläger keinen gewerblichen Finanzierungsbetrieb unterhielt.
    Er nahm nämlich nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil, da er nur
    solche Gesellschaften finanziert hatte, an denen er unmittelbar oder mittelbar
    beteiligt war. Er hat für seine Finanzierungstätigkeit auch nicht am Markt
    geworben.

  • Zudem bewegte sich seine Finanzierungstätigkeit noch im
    Bereich der privaten Vermögensverwaltung. Denn er war nicht bankähnlich tätig,
    unterhielt also kein Büro oder eine sonstige betriebliche Organisation und
    besuchte auch nicht regelmäßig Börsen, sondern er versuchte lediglich, seine
    mittelbare Beteiligung an der Y-GmbH zu stärken.

  • Die Zurverfügungstellung der Darlehen führte auch nicht zu
    einer Betriebsaufspaltung, weil Darlehen keine sachliche Verflechtung zwischen
    dem Kläger und der Y-GmbH begründen. Der Kläger unterhielt daher kein
    Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung.

  • Eine Berücksichtigung der Darlehensverluste unter dem
    Gesichtspunkt einer wesentlichen Beteiligung scheidet deshalb aus, weil der
    Kläger an der Y-GmbH nicht unmittelbar beteiligt war; eine nur mittelbare
    Beteiligung genügt nicht.

  • Zwar können Darlehensverluste bei den Einkünften aus
    Kapitalvermögen berücksichtigt werden. Dies gilt aber nur dann, wenn die
    Darlehensforderung nach dem 31.12.2008 begründet wurde, also nach der
    Einführung der Abgeltungsteuer. Der Kläger hat die Darlehensforderungen aber in
    den Jahren 2006 bis 2008 begründet.

  • Denkbar ist allerdings, dass die Refinanzierungszinsen als
    Werbungskosten abgezogen werden können, weil ausnahmsweise die Abgeltungsteuer
    für die Darlehenszinsen nicht anwendbar ist und damit der Ausschluss des
    Werbungskostenabzugs nicht greift. Der Kläger war nämlich eine nahestehende
    Person der mit mindestens 10 % beteiligten X-GmbH. Das Nahestehen ist dann zu
    bejahen, wenn der Kläger bei der X-GmbH seinen Willen durchsetzen konnte; dies
    war angesichts seiner Beteiligungsquote von 85 % der Fall.

  • Diese Ausnahme vom Ausschluss des Werbungskostenabzugs setzt
    aber voraus, dass der Kläger Darlehenszinsen erzielen wollte. Denkbar ist aber
    auch, dass der Kläger vorrangig Dividenden erzielen wollte, jedenfalls solange
    die Y-GmbH noch nicht vollbeendet war. Dafür könnte sprechen, dass der Kläger
    bereits 2009 einen Teilbetrag von 725.000 € als Darlehen weiterhin zur
    Verfügung stellte, damit ein Insolvenzplanverfahren durchgeführt werden konnte.
    Dies muss das FG nun aufklären. Zwar kommt auch bei Dividendenerträgen eine
    Ausnahme von der Abgeltungsteuer in Betracht; Voraussetzung hierfür ist aber
    ein entsprechender Antrag in der Einkommensteuererklärung, der zumindest
    konkludent gestellt worden sein müsste.

Hinweise: Das FG wird auch noch
die Überschusserzielungsabsicht des Klägers prüfen müssen. Dies könnte dazu
führen, dass der Kläger gar keine Werbungskosten abziehen kann; allerdings ist
er vor einer Verböserung verfahrensrechtlich geschützt.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung der Beteiligungsquoten
ist grundsätzlich der Zufluss der Kapitalerträge. Sind keine Kapitalerträge
zugeflossen, kommt es auf den 31.12. des Veranlagungszeitraums an.

BFH, Urteil v. 9.7.2019 – X R 9/17; NWB

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