Bei der Grundstücksbewertung für Zwecke der Erbschaftsteuer können
die vom Gutachterausschuss für das Todesjahr festgestellten
Liegenschaftszinssätze auch dann zugrunde gelegt werden, wenn der
Gutachterausschuss diesen Zinssatz erst nach dem Todestag veröffentlicht.

Hintergrund: Für steuerliche
Zwecke, z.B. für die Erbschaftsteuer, müssen Grundstücke bewertet werden. Bei
Mietwohngrundstücken wird u.a. der Reinertrag des Grundstücks durch Abzug der
Bewirtschaftungskosten vom Rohertrag ermittelt. Der Reinertrag wird
anschließend um den Betrag gemindert, der sich durch eine angemessene
Verzinsung des Bodenwertes ergibt. Für diese Verzinsung wird der
Liegenschaftszinssatz angewendet, der von den Gutachterausschüssen ermittelt
wird. Können die Gutachterausschüsse keine geeigneten Liegenschaftszinssätze
bereitstellen, gilt für Mietwohngrundstücke ein gesetzlicher
Liegenschaftszinssatz von 5 %. Je niedriger der Zinssatz ist, desto höher ist
der Gebäudewert.

Sachverhalt: Der Kläger erbte
zusammen mit seinen Geschwistern am 8.3.2014 ein Mietwohngrundstück in Berlin.
Zu diesem Zeitpunkt gab es nur einen vom Gutachterausschuss ermittelten
Liegenschaftszinssatz 2012, der höher als 5 % war. Erst am 12.5.2015 beschloss
der Gutachterausschuss für Berlin den Liegenschaftszinssatz für 2014 und
stellte ihn mit 3,98 % fest; dies wurde am 5.6.2015 veröffentlicht. Der Kläger
ging auf der Grundlage des Liegenschaftszinssatzes 2012 von einem
Liegenschaftszinssatz von 5,9 % aus. Das Finanzamt war der Auffassung, dass
dieser Liegenschaftszinssatz nicht geeignet sei, und wandte den gesetzlichen
Zinssatz von 5 % an.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Der vom Gutachterausschuss ermittelte Liegenschaftszinssatz
    ist für die erbschaftsteuerliche Bewertung geeignet, wenn der
    Gutachterausschuss die Vorgaben des Baugesetzbuches beachtet hat und den
    Zinssatz für einen Zeitraum berechnet hat, der den Bewertungsstichtag, d.h. den
    Todestag, umfasst.

  • Auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung oder der
    Veröffentlichung des Liegenschaftszinssatzes kommt es nicht an. Im Streitfall
    hätte daher der im Jahr 2015 festgestellte Liegenschaftszinssatz von 3,9 %
    angewendet werden müssen, weil er für das Jahr 2014, in dem der Erbfall
    stattfand, ermittelt worden ist.

  • Das Finanzamt hat zugunsten des Klägers 5 % angesetzt, hätte
    aber richtigerweise 3,9 % ansetzen müssen. Da sich der Kläger im Klageverfahren
    nicht verschlechtern darf, bleibt es bei 5 %. Der Ansatz der vom Kläger
    begehrten 5,9 % auf der Grundlage des Liegenschaftszinssatzes 2012 kommt nicht
    in Betracht.

Hinweise: Die Begründung,
weshalb der erst nach dem Todestag beschlossene und veröffentlichte
Liegenschaftszinssatz von 3,9 % auf den Erbfall angewendet werden darf, fällt
recht dünn aus. Immerhin gilt bei der Erbschaftsteuer das Stichtagsprinzip,
d.h. die Bewertung muss auf den Todestag erfolgen; an diesem Tag gab es aber
nur den Liegenschaftszinssatz 2012, hilfsweise den gesetzlichen Zinssatz.

Das Urteil ist für Erben nachteilig, weil die Finanzverwaltung auch
auf erst nachträglich veröffentlichte Liegenschaftszinssätze zurückgreifen
kann. Da der Zinssatz in den letzten Jahren gefallen ist, führt dies zu höheren
Gebäudewerten und damit zu einer höheren Erbschaftsteuer. Verstärkt wird dies
durch die rapide ansteigenden Bodenrichtwerte in den Ballungsgebieten wie z.B.
Berlin.

BFH, Urteil v. 18.9.2019 – II R 13/16; NWB

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